Die Macht des Lobens

Es kostet kein Geld, wenig Zeit und hat riesige Effekte auf das Miteinander – und sogar auf die Leistung. Trotzdem sparen wir viel zu häufig daran: Lob. So entdeckst du die Macht des Lobens.

von Anna Rosenbaum und Alexandra Günther

“Unser Erfolg ist genug Anerkennung für das Team.” “Unter Druck entstehen Diamanten.” Nach solchen und ähnlichen Leitsätzen wird noch immer in vielen Firmen gearbeitet. Gute Leistungen sind in in unseren Kulturkreisen selbstverständlich. Feedback gibt es oft nur in Form von Kritik, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden. Dabei wissen wir alle aus eigener Erfahrung, wie gut Wertschätzung tut: Jeder von uns blüht förmlich auf, wenn die Chefin zum gelungenen Projekt gratuliert oder der Kollege sich für die Hilfe bedankt.

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Lob, Anerkennung und Wertschätzung können wir uns nur bedingt selbst schenken; wir wünschen sie uns von außen. Vor allem von Menschen, zu denen wir aufsehen, die uns wichtig sind oder mit denen wir viel Zeit verbringen wie Vorgesetzte, Kollegen oder Kunden. Lob motiviert, stärkt das Selbstbewusstsein und macht leistungsfähiger – sagt die Wissenschaft. Und ist Balsam für die Seele – sagen wir.

Lob ist nicht gleich Lob

Lob ist die ausgesprochene Anerkennung und Wertschätzung für die Leistung eines anderen. Damit es aber wirklich ankommt und seine Kräfte entfalten kann, sollte es zwei Bedingungen erfüllen: Es sollte ernst gemeint sein und möglichst spezifisch. Ein einfaches “super” oder “gut gemacht” ist zwar schön aber auch sehr allgemein, hallt also nicht besonders lange nach. Ein ehrliches und fundiertes “Deine E-Mail von gestern hat den Kunden restlos überzeugt – die war treffend formuliert!” kann dafür ein echter Motivations-Boost sein.

Denn hinter dem Wunsch nach Lob steckt zwar wie erwartet das Streben nach Anerkennung. Noch tiefer verwurzelt ist jedoch der Wunsch, das eigene Selbstbewusstsein zu schützen. Wissenschaftler der Universität Bern haben herausgefunden, dass ein bedrohtes Selbstbewusstsein das Kernelement vieler Stressursachen ist. Und fehlende Wertschätzung empfinden wir als genau so eine Bedrohung. Das schlägt sich schließlich in Verhaltensweisen nieder, die wahrscheinlich jeder von uns kennt: Aufgaben fühlen sich belastend und unnötig an oder werden nur ungenau erledigt, der Umgangston wird rauer und die Zufriedenheit mit sich selbst und dem Umfeld sinkt. Mangelnde Anerkennung frustriert also nicht nur den einzelnen, sondern beeinträchtigt das Betriebsklima für alle. Umgekehrt kann eine Kultur der Wertschätzung wahre Wunder bewirken.

Wieso Anerkennung die Leistung steigert – wissenschaftlich erwiesen

Die weitreichenden Effekte von Wertschätzung am Arbeitsplatz sind inzwischen auch durch Studien belegt. Die bereits erwähnten Wissenschaftler der Universität Bern untersuchten die Wirkung des Lobens am Beispiel von Offizieren des Schweizer Militärs. Fühlten sich die Offiziere gewertschätzt, berichteten sie, zufriedener mit ihrem Job zu sein und weniger Unmut zu verspüren. Das Lob wirkte sich außerdem auf die soziale Unterstützung und Gerechtigkeit im Team aus, sowie auf die wahrgenommen Kontrolle über den Job. Auch der negative Effekt von Überstunden auf die Arbeitszufriedenheit konnte mit Wertschätzung verringert werden: Fühlten sich die Offiziere geschätzt, waren sie trotz Überstunden zufriedener mit ihrem Job als ohne Lob.

Forscher der Universität Island stellten den gleichen Effekt im besonders stressigen Berufsfeld der Krankenpflege fest. Sie konnten belegen, dass sich durch wertschätzendes Loben auch die Wahrnehmung der tatsächlichen Arbeit veränderte: Die Krankenpfleger*innen, die oft oder sehr oft gelobt wurden, nahmen ihre Aufgaben professioneller wahr, beschrieben ein positiveres Arbeitsklima, waren stolzer auf ihre Arbeit und waren bestrebter, Anstrengungen für das Krankenhaus oder die Abteilung zu übernehmen, als diejenigen, die nur selten Lob erhielten.

Wer als Führungskraft nach neuen Wegen sucht, die Produktivität anzukurbeln, muss also nichts weiter investieren als ein bisschen Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Und auch unter Kollegen wird gegenseitige Anerkennung garantiert das Klima verbessern.

Was soll ich denn loben?

Wer selbst unter Druck steht und den Tisch randvoll mit Arbeit hat, dem fällt es oft schwer, die Leistungen anderer überhaupt wahrzunehmen. Doch mit etwas Übung lässt sich der Blick schärfen – und nach und nach eine wertschätzende Gesamtatmosphäre schaffen.

Hier drei Tipps für die Lob-Einsteiger unter euch:

  1. Wenn du zu denjenigen gehörst, denen spontan gar nichts einfallen würde was sie an anderen loben könnten, dann beginn doch einmal, auf deine eigenen Gedanken zu achten. Sicher denkst du im Umgang mit anderen auch ab und zu: “Wie hat sie das bloß gemacht?”, “Was, schon fertig?” oder “Das wusste ich gar nicht!” – alles Steilvorlagen für Anerkennung, du musst sie nur aussprechen.

  2. Außerdem kannst du dich selbst befragen oder beobachten: Wofür wirst du gern gelobt? Was verschafft dir den größten Selbstbewusstseins-Boost? Meistens sind das Dinge, die du auf dich selbst und deine individuellen Fähigkeiten beziehst. Das macht das Lob spezifischer und authentischer. Und das gleiche Prinzip lässt sich auf andere anwenden. So zeigst du, dass du dich für die Person interessiert und ihre Stärken anerkennst.

  3. Achtsamkeitsübungen können dabei helfen, die Wahrnehmung zu schärfen, auch im Zwischenmenschlichen. Eine einfache Übung ist, sich regelmäßig vor Augen zu rufen, wofür man dankbar sein kann, auch im Kleinen. Sicher betrifft diese Dankbarkeit auch andere Menschen, und schon kannst du viel leichter ein ehrliches Lob formulieren.

Wenn du es ein paar Mal geschafft hast, etwas Lobenswertes zu erkennen und auszusprechen, werden die positiven Reaktionen automatisch dazu führen, dass du häufiger lobst. Denn dein Gehirn nimmt die Reaktionen auf, analysiert sie und passt dein Verhalten entsprechend an, ganz von selbst.

Also: Loben was das Zeug hält! Jeder weiß, wie gut ein ehrliches Lob sich anfühlt, und mit etwas Übung fällt es auch nicht mehr schwer, anderen den gleichen Höhenflug zu bescheren.

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