Kennenlernphase: So überwindest du Unsicherheiten

Halten wir es eigentlich noch aus, wenn andere Menschen auf uns reagieren? Von der Magie, auf jemanden zuzugehen, ohne sich hinter dem Smartphone zu verstecken.

Von Alexandra Gojowy

Die Achterbahn der Kennenlernphase

Wie lernt man eigentlich jemanden kennen? Bevor uns das Internet vernetzte, haben wir schließlich auch schon angebändelt, Beziehungen geführt, Abenteuer erlebt und Menschen fürs Leben getroffen. War es vor Dating Apps und Social Media tatsächlich leichter, jemanden kennenzulernen oder haben wir nur den Mut verloren, den ersten und zweiten Schritt zu machen? Wahrscheinlich nichts davon. Wir müssen nur mal das Smartphone beiseite legen und aufhören, so bequem zu sein, wenn es um unsere romantischen Interessen geht. Die folgenden Leitsätze können dir helfen, auf jemanden zuzugehen, den du wirklich magst und die aufregende Phase des Kennenlernens ohne großes Drama zu überstehen.

Ich bleibe bei mir – Und lasse Menschen darauf reagieren.

Egal, ob du gerade jemanden kennengelernt hast und ein zweites Treffen vereinbaren möchtest oder einen bestehenden Kontakt vertiefen willst, wahrscheinlich gehen dir vor der Kontaktaufnahme tausend Gedanken durch den Kopf. Kommt mein Interesse womöglich unerwartet oder gar komisch rüber? Was wird die andere Person darüber denken, wenn meine Nachricht einfach so aus dem Nichts kommt?

Um frische Bekanntschaften nicht zu verschrecken, wägen wir oft jedes Wort ganz genau ab. Punkt oder Ausrufezeichen? Wirkt ein Wortwitz zu gewollt, ein Emoji zu verspielt, die Begrüßung zu persönlich oder etwa aufdringlich? Die Antwort: Egal! Gehen dir solche Gedanken durch den Kopf, bist du mit dem Kopf zu sehr bei der anderen Person. Bleibe einfach dort, wo du sowieso schon bist: Bei dir! Mach dich frei von der Vorstellung, wie du zu sein, und dich zu verhalten hast. Du musst deine Zuneigung und dein Interesse nicht verstecken und darfst die Kontaktaufnahme so gestalten, wie du es möchtest. Im Gegenzug darf die andere Person ebenso darauf reagieren, wie sie es möchte. Beobachte die Reaktion einfach und mute dich ruhig auch mal zu! Wir alle tragen die Angst vor Zurückweisung in uns aber du wirst sehen, dass du mit einer offenen und direkten Art mehr positive als negative Rückmeldungen erhalten wirst. Selbst wenn das Interesse mal nicht auf Gegenseitigkeit beruht, bist du wenigstens authentisch geblieben und hast die Erfahrung gemacht, du selbst zu sein. Und nur darum geht es.

Ich höre auf mein Bauchgefühl – Und mache andere Geschichten nicht zu meinen.

Wenn wir in der Kennenlernphase Probleme haben, entpuppen sich plötzlich viele Freund:innen als persönliche Beziehungsexpert:innen. Das ist erstmal ein gutes Gefühl, schließlich weiß man manchmal wirklich nicht weiter. Freund:innen und Bekannte haben offene Ohren und Arme, geben gerne Feedback und scheuen sich nicht, schwierige Situationen bis ins kleinste Detail zu analysieren. Vergiss nicht, dass jede:r auf seine*ihre eigenen Erfahrungen zurückgreift, wenn es um Beziehungsratschläge geht. Jeder Mensch hat eine individuelle Geschichte. Manche Menschen sind durch traumatische Erlebnisse geprägt, andere haben die verrücktesten Date-Katastrophen zu verzeichnen. All diese Erlebnisse beeinflussen auch die Ratschläge, die die Person an uns weitergibt. Achte darauf, welche Geschichten du dir zu Herzen nimmst. Wichtig ist, dass du auf dein Bauchgefühl hörst und deiner eigenen Intuition vertraust.

Wenn du unsicher bist, kann die Einschätzung einer dritten Person natürlich Gold wert sein. Es kann aber passieren, dass der Blick von außen plötzlich dein eigener wird, obwohl du vorher ein ganz anderes Gefühl zu einer bestimmten Situation hattest. Nahestehende Personen möchten außerdem, dass es dir gut geht und neigen dazu, dich vor einer schlechten Erfahrung bewahren zu wollen oder dir möglichst viel Mut zuzusprechen. Natürlich kannst du jederzeit auf Unterstützung zurückgreifen! Bedenke aber, dass es sich dabei oft um Meinungen handelt, die nicht objektiv sind. Genieße den Rückhalt und bleibe trotzdem bei deiner Geschichte. In den meisten Fällen wird dir deine Intuition sagen, wie es um deine neue Bekanntschaft steht.

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Ich brauche keine Spielchen – Distanz hat noch niemanden netter gemacht.

Immer noch gilt der ultimative Beziehungstipp “Mach dich rar”. Jede:r hat ihn schon mal gehört und viele haben ihn sicherlich schon befolgt. Vielleicht hast du sogar gute Erfahrungen damit gemacht, dich hinter der “I don’t care”-Fassade zu verstecken, dir ein paar Stunden länger Zeit zu nehmen, um auf eine Nachricht zu antworten, oder jemandem absichtlich die kalte Schulter zu zeigen. Es klingt verrückt, all diesen Aufwand zu betreiben, obwohl man sich nichts sehnlicher wünscht, als Kontakt aufzunehmen. Der einzig wirklich nachweisbare Effekt dieser Strategie ist, dass sich das Kennenlernen auf die dreifache Zeitspanne ausdehnt.

Wenn du keine Lust mehr auf künstlich erzeugte Nähe-Distanz-Spielchen hast, dann gibt es nur eine Lösung: Lass sie einfach sein. Du möchtest jemandem antworten? Dann tu es. Es spielt keine Rolle, ob du fünf Minuten oder fünf Stunden Zeit zwischen zwei Nachrichten verstreichen lässt. Wenn du ehrliches Interesse an einer Person hast, dann entscheide dich für die erste Variante. Sie erspart dir nicht nur eine Menge Grübeleien, sondern trainiert auch deine Spontaneität. Schick deine Nachricht einfach ab, bevor du jedes Wort bis zur Perfektion ausklügelst. Früher oder später musst du sowieso du selbst sein, vor allem dann, wenn kein Smartphone Screen mehr zwischen dir und der anderen Person steht. Wenn du merkst, dass dein Gegenüber auf Distanz geht, obwohl es keinen erkennbaren Grund dafür gibt, dann sprich es an. Sei offen und mach klar, dass du das Nähe-Distanz-Spiel nicht brauchst, um ihn oder sie interessant zu finden. Schau dir an, was mit der anderen Person passiert, wenn du auf diese Art und Weise damit umgehst. Stell dir mal vor, wie viel Druck es dir nehmen würde, wenn sich jemand dir gegenüber so öffnen würde. Spielchen kommen dir dann womöglich nicht nur unnötig, sondern auch völlig absurd vor. Wenn deine Bekanntschaft sich trotzdem rar macht, weißt du außerdem schnell, ob es sich überhaupt lohnt, weitere Zeit und Energie in das Kennenlernen zu stecken.

Ich finde mein eigenes Maß – Egal, wie das aussieht.

Bin ich zu viel? Bin ich zu wenig? Beziehungen sind ein Balanceakt. Manche Menschen möchten jeden Abend einen Gutenachtgruß, wieder andere möchten flüchten, wenn sie im Stundentakt mit Nachrichten bombardiert werden und sich gezwungen sehen, jedes Detail ihres Tages auszubreiten. Im Endeffekt gibt es nicht das richtige Maß, sondern nur dein Maß. Egal, wem du begegnest, ob privat oder am Arbeitsplatz, immer läufst du Gefahr, jemandem zu viel oder zu wenig zu sein. Wenn du dich nach deinem individuellen Maß verhältst, wirst du wohl oder übel anecken. Aber auch das ist ok. Denn früher oder später wird sich jemand finden, an den du dich perfekt andocken kannst. Und wenn es die richtige Person, für den richtigen Augenblick ist, dann wird dein Enthusiasmus über eure Begegnung nicht zu viel sein. Andersherum wird auch vorsichtige Introvertiertheit kein Hindernis darstellen, wenn sich jemand für dich als Menschen interessiert.

Wahrscheinlich hast du eine relativ starre Vorstellung davon, wie du dich zu verhalten hast, um “richtig” zu sein. Dieses “Richtigsein” steht vielleicht sogar im Kontrast zu deiner wahren Gefühlslage, die du als falsch einordnest. “Ich sollte mich wirklich zusammenreißen und mich nicht so hineinsteigern”. Kommt dir der Satz bekannt vor? Statt Selbstkontrolle könntest du dir folgende Frage stellen: Was ist das Schlimmste, was passieren könnte, wenn ich einfach so bin, wie ich bin? Das Schlimmste ist in den meisten Fällen nicht wirklich schlimm. Schlimm ist, wenn du dich über einen längeren Zeitpunkt in einen zu engen Rahmen presst, nur damit dich jemand erträglicher findet. Egal, ob du das Gefühl hast, jemanden mit deiner Art zu überfordern oder denkst, dass du noch mehr geben solltest – Bleib bei deinem Maß. Vielleicht sprudelt es über, vielleicht köchelt es auf kleiner Flamme. Wie es auch aussieht, lass einfach zu, wie du bist.

Funktionierende Beziehungen haben eine große Bedeutung für unser Wohlbefinden. Besonders dann, wenn neue Bekanntschaften in unser Leben treten, werden wir uns bewusst, wie verletzlich wir sind. Schließlich ist unsere Zufriedenheit und auch unser Glück davon abhängig, dass wir gut mit anderen auskommen und gemocht werden. Durch digitale Kommunikation, Apps und Social Media sind wir es aber gar nicht mehr gewohnt, den ersten Schritt zu machen, und eine echte Reaktion auf die eigene Person zu erhalten. Natürlich ist es bequemer, sich hinter dem Smartphone Screen zu verstecken, wir lassen uns dadurch allerdings auch weniger berühren. Wir sollten nicht vergessen, dass in jeder neuen Begegnung, in jedem ersten Kontakt auch ein wenig Magie steckt. Die Magie des ersten Blickkontaktes, des ersten Gesprächs und der Erfahrung, trotz Aufregung, man selbst zu bleiben. Und genau dafür geschätzt zu werden.


Die Podcastfolge zum Impuls der Woche:


Bildquelle: Joanna Nix auf Unsplash

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