Wie man sich davon löst, imponieren zu wollen

Um zu beeindrucken, nehmen wir Überstunden, kleine Notlügen, ja sogar Diäten und Konkurrenzkampf in Kauf. Imponieren ist die Devise. Doch es geht auch anders.

von Sarah Schömbs

Ein Gorilla bäumt sich auf. Wild auf die Brust trommelnd, brüllend, möchte er auf sich aufmerksam machen. Er will das Objekt seiner Begierde von sich überzeugen, beeindrucken und Gegner in die Flucht schlagen. Ein Pfau schreit katzenartig, zeigt sein farbenprächtiges Federgewand und lässt es angriffslustig erzittern.

So oder ähnlich geht es nicht nur in der Tierwelt zu. Auch wir Menschen neigen hier und da dazu, Selbstmarketing zu betreiben. Wir wollen imponieren, beeindrucken und auf uns aufmerksam machen. Spätestens zum Klassentreffen, Vorstellungsgespräch oder beim ersten Date neigen wir dazu, die eine oder andere Geschichte auszuschmücken, Tatsachen zu verdrehen und Superlative im Übermaß zu verwenden. Der letzte Mallorca-Urlaub wird zu einem spannenden Abenteuer, das Quartal zu einem Erfolgsversprechen und die Einzimmerwohnung zu beabsichtigtem Minimalismus.

Ist Imponieren ein Urinstinkt?

Woher kommt das Bedürfnis, dem Gegenüber imponieren zu wollen? Schließlich mag objektiv gesehen niemand Angeber, Blender oder Besserwisser. Menschen, für die kein Gipfel zu hoch, kein Essen zu vegan und keine Reise zu ausgefallen ist. Menschen, die auf alles und jeden eine Antwort wissen und gegen die jede noch so spannende Geschichte Peanuts ist. Bäh. Und doch ertappt sich ein jeder von uns manchmal dabei, urplötzlich in die Chuck-Norris-Mentalität zu verfallen.

Imponieren bedeutet so viel, wie Bewunderung bei jemanden hervorzurufen. Bewundert zu werden, für eine Tat, das eigene Aussehen oder Wissen. Dieses Phänomen entspringt wahrscheinlich dem evolutionär bedingtem Bedürfnis, rivalisierende Artgenossen einzuschüchtern und auf potenzielle Partner eine anziehende Wirkung auszuüben. Doch ist ein solches Imponiergehabe im Büro oder ein Paarungstanz beim Klassentreffen wirklich notwendig?

Der Gorilla im Alltagskarussell

Heute wirken andere Faktoren auf uns Menschen ein. Durch eine globalisierte und vernetzte Social-Media-Welt ist es uns möglich, zu jedem Zeitpunkt, Bilanz zu ziehen. Zu vergleichen und zu bewerten. Während man noch vor einiger Zeit in einem Mikrokosmos namens Kleinstadt lebte, vergleicht man sich heute mit dem Bikini-Bild einer Studienfreundin auf Ibiza, dem Bizeps eines Bodybuilders in L.A., den szenigen Hipstern aus Berlin und den Erfolgsgeschichten zahlreicher Podcaster. Jeder scheint das Traumleben zu leben, leicht, flockig und unbeschwert, während man selbst im Karussell namens Alltag seine Runden dreht.

Der Anspruch wächst, während das Selbstwertgefühl proportional sinkt. Der Drang sich zu beweisen und die Notwendigkeit, mitzuhalten, scheinen unaufhaltsam. Das Problem dabei ist, dass man es weniger sich selbst, sondern größtenteils dem Außen beweisen möchte. Der Familie, den Freunden, Kollegen, Followern, ja der ganzen Welt. Aus Angst, die soziale Akzeptanz zu verlieren und den Erwartungen der Gesellschaft nicht entsprechen zu können.

Und genau hier liegt der Knackpunkt. Anstelle von „fake it until you make it“ liegt die Kunst darin, herauszufinden, welche Rolle zu einem passt und wer man wirklich ist. Was bringt einem der größte Bizeps, wenn man im Herzen ein Bücherwurm ist? Wie kann man sich davon lösen, anderen imponieren zu wollen und eine Superlative-Version seiner selbst zu vermarkten?

Werde ein Ursachenforscher

Finde heraus, was das eigentliche Ziel hinter dem Bedürfnis, jemanden beeindrucken zu wollen, ist. Sehnst du dich nach Anerkennung, möchtest du dazugehören oder jemanden für dich gewinnen? Vielleicht hast du während deiner Kindheit eine Zahnspange getragen und möchtest jetzt bei jeder Gelegenheit dein strahlendes Lächeln zeigen. Vielleicht hattest du jahrelang das Gefühl, von deiner Familie oder deinen Freunden nicht gehört und gesehen zu werden und nutzt nun jeden Moment, um deine Geschichten zu erzählen und zu entertainen. Vielleicht warst du in deiner Jugend als Naschkatze bekannt und hast nun das Bedürfnis, jeden von deinem gesunden Lebenswandel zu überzeugen.

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Werde ein Forscher deiner Gefühle. Gehe einen Schritt zurück und betrachte dein Imponiergehabe wie ein stiller Beobachter. Welche Sehnsüchte, Ängste und Bedürfnisse verbergen sich dahinter? Nutze die Chance und lerne dich besser kennen. Denn erst, wenn du die Ursache hinter bestimmten Verhaltensweisen kennst, ist es dir möglich, dein Handeln zu verändern.

Schenke dir ein Lächeln

Anstatt dich für dein Verhalten zu verurteilen oder mit dem Zeigefinger auf dich zu zeigen, sobald du dein Federkleid ausbreitest, nimm’s mit Humor. Wir Menschen sind ein komplexes Konstrukt von Gefühlen, Erfahrungen, Beziehungen und Eigenschaften. Niemand ist perfekt. Auch du nicht. Also wenn du dich das nächste Mal ertappst, wie du eine Geschichte ausschmückst oder den Paarungstanz hingebungsvoll aufführst, schenke dir ein Lächeln. Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung.

Befreie dich von den Erwartungen anderer

Auch, wenn andere von deiner mangelnden Superlative enttäuscht sind oder andere Erwartungen an dich haben, lohnt es sich langfristig, authentisch den eigenen Weg zu gehen. Schließlich ist ihre Enttäuschung auch nur eine Projektion ihrer Vorstellungen und du bist nicht auf diesem Planeten, um die Erwartungen anderer zu erfüllen. Stehe zu dir, deinem Weg und sei dir treu.

Andersherum stündest du vor einem Berg von Freunden, die du eigentlich nicht leiden kannst, einem Haufen Überstunden, die du aus Geltungsdrang auf dich nimmst und liegst sonnenverbrannt am Strand, obwohl dir nach Wandern ist.

Was macht dich einzigartig?

Ähnlich zu dem Vorangegangenem verhält es sich mit unnötigen Vergleichen. Klar liefert der Instagram-Feed eines Influencers viele Gründe, das nächste Mal einen gekonnten Filter über die eigentliche Realität zu legen, aber wozu? Ich bin nicht du. Und das ist auch gut so. Statt jemand anderen anzuhimmeln, wie wäre es, mal für dich selbst zu schwärmen? Wie steht es um deine Qualitäten? Lerne dich selbst wertzuschätzen, für das was du bist. Unabhängig von anderen. Mache dir bewusst, was an dir einzigartig ist. Womit imponierst du auf natürliche Weise? Ganz aus deinem innersten heraus? Vielleicht existieren neben Aktionismus, Wohlstand und Erfolg, auch Dinge wie Güte, Authentizität oder Warmherzigkeit, mit denen du bereits ganz von selbst positiv beeindruckst.

Letztlich ist Imponieren menschlich. Ein gesundes Selbstvertrauen hat noch niemanden geschadet. Nichtsdestotrotz ist weniger manchmal mehr. Und schließlich ist es doch auch schön, für den Menschen gemocht, geschätzt und geliebt zu werden, der man wirklich ist und authentisch seine Wahrheit zu leben. Mit jeder Faser seines Körpers.

Die Podcastfolge zum Impuls der Woche:


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