Bewegung: Warum Achtsamkeit nicht nur Stillsitzen bedeutet
Achtsamkeit bedeutet für dich vor allem Innehalten? Wir zeigen dir, warum und wie dich Bewegung ins Hier und Jetzt bring. Inklusive 5 Übungen für den Alltag!
von Sara Keller
Nutze Bewegung als Weg zur Achtsamkeit
Über mehrere Minuten ganz still zu sitzen ist oft gar nicht einfach. Gerade, wenn du mit Meditation startest oder es heute einfach nicht klappt. Für diesen Fall kannst du auch einen anderen Weg einschlagen und Aktivität nutzen, um Achtsamkeit in deinen Alltag zu bringen. Bewegung steht für dich vielleicht direkt in Verbindung mit einem anstrengenden Workout. Das muss aber nicht so sein.
Über bewusste und achtsame Bewegungsausführungen können Körperfunktionen reguliert werden. Etwa der Puls und Blutdruck gesenkt oder Muskelspannung reduziert werden. Somit kann gleichzeitig Einfluss auf die Psyche genommen werden. Wir wissen aus der Forschung, dass wir in einer Angstsituation körperliche Symptome wie eine hohe Muskelanspannung oder einen schnellen Herzschlag aufweisen. Haben wir Angst, ist unser Körper also automatisch in Anspannung und kann nicht zugleich entspannt sein. Diese Tatsache kannst du für deinen Alltag nutzen.
Wie du dich bewegt entspannen kannst
Wir verbinden mit Entspannung in der Regel einen Körper im Stillstand: Sitzend eine Meditation machen oder im Liegen einer Fantasiereise lauschen. Das sind gute Wege Körper und Geist zur Ruhe zu bringen. Bewirkt Bewegung dann nicht das genaue Gegenteil? Unsere Antwort: Kann sein, muss es aber nicht.
Schauen wir uns z. B. einen Sportwettkampf an oder machen ein intensives Training, sind das Situationen, in denen Bewegung nicht entspannend wirkt. Im Nachgang kannst du vielleicht so einen schnelleren Zugang zur Entspannung finden, aber das passiert nicht während des Trainings selbst. Interessant ist an dieser Stelle das Flow-Erlebnis im Sport. Eine Mischform, bei der du voll in der sportlichen Aktivität aufgehst und dein Geist in eine Art Trance verfällt. Trotzdem ist diese Form recht anstrengend und hält nicht ewig an.
Wie kommen wir nun weg vom üblichen Training hin zur Achtsamkeitsübung und am Ende zur Entspannung? Sind wir mit unserer Konzentration ganz bei der Bewegungsausführung, können wir Abstand zur Außenwelt nehmen. Wir gelangen in das Hier und Jetzt, denn gedanklich sind wir ganz bei der Wahrnehmung unseres Körpers. Das kann in der Folge die Atmung und Herzschlag regulieren und die Muskelspannung verringern. Körper und Geist wirken gegenseitig aufeinander ein: Wir entspannen uns. Diese wechselseitige Beziehung von Körper und Psyche ist die Grundlage des Embodiment-Ansatzes in den Humanwissenschaften. Dieser Ansatz ergänzt die Annahme aus der Psychosomatik, dass die Psyche Einfluss auf körperlicher Ebene haben kann. Mehr über diesen Ansatz kannst du etwa hier im Beitrag von Wolfgang Tschacher und Maja Storch “Grundlagen des Embodiment-Ansatzes in den Humanwissenschaften” nachlesen.
So wird Schulterkreisen zur Achtsamkeitsübung
Wir möchten dir jetzt zeigen, wie du eine einfache Übung achtsam gestalten kannst: Welche Bewegungen sich eignen und wie du sie am besten ausführst. Damit du es direkt umsetzen kannst haben wir exemplarisch das “Schulterkreisen” ausgewählt, um die Schritte zu erklären. So kannst du direkt deinen Schultergelenken etwas Gutes tun und gleichzeitig deinen Geist zur Ruhe bringen.
1 Einfache Bewegungen auswählen
Generell solltest du dir eine Übung aussuchen, die ganz basic ist und dich nicht ins Schwitzen bringt. Probiere dich am besten aus. Kann ich die Bewegung 2 bis 3 Minuten ausführen, ohne meine “Transpirationsgrenze” zu überschreiten? Diese Frage solltest du bei der Übungsauswahl mit JA beantworten.
Die Übung Schulterkreisen erfüllt das obere Kriterium und beansprucht gleichzeitig nur eine Körperregion, nämlich den Schulter- und Nackenbereich. Am besten eigenen sich also Bewegungen, die nicht deinen ganzen Körper betreffen.
2 Atmung einbinden
Verbinde deine Übung mit der Atmung und beobachte, wie sich die Geschwindigkeit der Bewegung automatisch verlangsamt. So funktioniert’s beim Schulterkreisen:
Wenn du deine Schultern rückwärts kreisen lässt, kannst du die Kreisbewegung in zwei Teile gliedern. Befindet sich die Kreisbewegung in einer Aufwärtsbewegung an der Körpervorderseite atmest du ein. Mit der Abwärtsbewegung an der Körperrückseite atmest du aus. Atme ganz entspannt und passe die Bewegung deiner Atmung an.
In der Regel kannst du bei den Übungen eine Aufwärtsbewegung mit der Einatmung und eine Abwärtsbewegung mit der Ausatmung koppeln.
3 Augen schließen
Du kannst dich noch stärker auf die Übung fokussieren, wenn du dabei deine Augen schließt. Das stärkt die Körperwahrnehmung, lässt dich ganz bewusst die Bewegung spüren. Es kann sein, dass du dich für bestimmte Übungen mit geschlossenen Augen irgendwo stützen musst. Das ist ganz normal, denn hier wird etwa im Stehen auch dein Gleichgewicht beansprucht aber gleichzeitig auch gefördert.
5 bewegte Übungen für mehr Achtsamkeit
Wir haben uns für dich auf die Suche nach passenden, einfachen Bewegungen gemacht, die sich für dein Achtsamkeitstraining eignen. Probiere dich einmal durch deine Körperteile hindurch aus. Jede einzelne Bewegung eines Gelenkes kannst du schon verwenden. Wenn dir das am Anfang schwer fällt, probiers mal mit diesen fünf Ideen:
1) Schulterkreisen
2) Handgelenke kreisen
3) Aus dem Stand auf die Zehenspitzen und wieder in den Stand
4) Im Stand den Oberkörper drehen
5) Im Vierfüßlerstand einen Katzenbuckel machen und wieder in Ausgangsposition
Zur Achtsamkeit gelangt man über viele Möglichkeiten, denn sie ist mehr als Meditation und kann im Alltag integriert werden. Du entscheidest selbst, was für dich gerade der richtige Weg ist. Und allein die bewusste Entscheidung zu treffen, was du gerade brauchst, ist achtsam.
Quelle: Prof. Dr. Norbert Fessler (2018) Körper-Achtsamkeit. Das Basistraining für Einsteiger. Schorndorf: Hofmann Verlag.
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