Definition Achtsamkeit: Was wir von 7Mind darunter verstehen
Was bedeutet Achtsamkeit für uns von 7Mind? Unsere Psycholog:innen haben sich genau dazu Gedanken gemacht. Was dabei herausgekommen ist, liest du in diesem Artikel.
Was bedeutet eigentlich Achtsamkeit?
Das Wort “Achtsamkeit” wird in den verschiedensten Kontexten verwendet und ganz unterschiedlich verstanden. Damit wir einander besser verstehen, wenn uns über Achtsamkeit austauschen, ist es uns ein Anliegen, unser Verständnis dieses Begriffs zu erklären. Aber zunächst: wie ist das bei dir - was verstehst du gerade unter Achtsamkeit? Gerade mit einer eigenen Praxis kann sich das eigene Verständnis des Konzeptes natürlich auch stetig weiterentwickeln. Sowohl in Bezug auf theoretisch-wissenschaftliche Definitionen, als auch im Hinblick auf das eigene Erleben während der Meditation.
Da wir Achtsamkeit als etwas Lebendiges und Gelebtes begreifen, verfolgen wir nicht den Anspruch, eine finale Definition zu finden. Sondern vielmehr geht es uns darum, zu bündeln, was wir bisher in der Auseinandersetzung damit verstanden, gefühlt, begriffen oder reflektiert haben und was uns fasziniert, interessiert, staunen lässt und beeindruckt.
Moderne, weltliche Achtsamkeit
Das moderne Achtsamkeitsverständnis ist stark geprägt von der Mindfulness Based Stress Reduction und dem, der sie in der Öffentlichkeit besonders vertritt: Jon Kabat-Zinn. Da seine Beschreibung im Englischen Original durch die Übersetzung ins Deutsche leicht missverstanden werden kann, möchten wir euch den O-Ton nicht vorenthalten: “Mindfulness is awareness that arises through paying attention, on purpose, in the present moment, non-judgementally.” Manchmal fügt er hinzu: “…in the service of self-understanding and wisdom.”
Übersetzt wurde die Definition folgendermaßen: "Achtsamkeit beinhaltet, auf eine bestimmte Weise aufmerksam zu sein: bewusst, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen." Ein häufiges Missverständnis entsteht bei dieser Übersetzung dadurch, dass es so scheinen kann, als wäre es schlimm oder falsch, zu urteilen. Dabei ist das überhaupt nicht der Fall: Vielmehr geht es darum zu beobachten und zu erkennen, dass wir andauernd automatisch irgendetwas bewerten und dass das völlig normal und natürlich ist. Mithilfe von Achtsamkeit können wir uns dessen gewahr werden und merken: “Aha - hier bewerte ich gerade.” - dieses Wissen kann dabei unterstützen, sich nicht in diesem Urteil zu verlieren oder es als in Stein gemeißelt zu begreifen. Gleichzeitig hilft es womöglich dabei, sich selbst nicht dafür zu verurteilen, wenn der Geist mal wieder bewertet.
Womöglich klingt das zunächst unlogisch oder widersprüchlich. Das ist völlig in Ordnung - im Laufe der eigenen Praxis kann sich das eigene Empfinden und Verständnis darüber weiter entwickeln und verändern. Und vielleicht wird dann aus einem störenden Widerspruch ein stimmiger Einklang. Doch das wird sich zeigen. Denn wie gesagt: Wir begreifen Achtsamkeit als eine lebendige und gelebte Erfahrung, nicht als ein starres, theoretisches Konzept.
Achtsamkeit in der Forschung
Wenn Wissenschaftler:innen über Achtsamkeit forschen möchten, brauchen sie verlässliche Fragebögen (oder andere Messinstrumente), die möglichst genau das Konstrukt messen, das für die Fragestellung von Interesse ist. Ein recht populärer und vielfach übersetzter Fragebogen, der Achtsamkeit auf fünf verschiedenen Skalen erfasst, sind die Five Facets of Mindfulness - die fünf Facetten der Achtsamkeit: Beobachten, Beschreiben, Nichtreaktivität, Akzeptieren ohne Bewertung und mit Aufmerksamkeit handeln. Gemeinsam ermöglichen diese fünf Skalen, Achtsamkeit für Forschungszwecke zu erfassen. Damit du ein noch besseres Bild davon bekommst, wie solche Fragen klingen können, hier ein paar Beispiele für die jeweiligen Aspekte:
Beobachten:
Ich achte auf Empfindungen, wie zum Beispiel Wind in meinem Haar oder Sonnenschein auf meinem Gesicht.
Ich nehme Gerüche und Düfte der Dinge wahr.
Ich bemerke visuelle Elemente, sowohl in der Kunst als auch in der Natur, zum Beispiel Farben, Formen, Strukturen oder Muster aus Licht und Schatten.
Beschreiben:
Ich habe Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden, um meine Gefühle auszudrücken.
Ich kann meine Gefühle gut in Worte fassen.
Es fällt mir schwer, das, was ich denke, in Worte zu fassen.
Nichtreaktivität:
Wenn ich belastende Gedanken oder Vorstellungen habe, kann ich sie einfach nur wahrnehmen, ohne auf sie zu reagieren.
Wenn ich belastende Gedanken oder Vorstellungen habe, kann ich von diesen Abstand nehmen und bin mir der Gedanken oder Vorstellungen bewusst, ohne dass ich von ihnen überwältigt werde.
Wenn ich belastende Gedanken oder Vorstellungen habe, registriere ich sie nur und lasse sie wieder ziehen.
Akzeptieren ohne Bewertung:
Ich sage mir, dass ich nicht so denken sollte, wie ich denke.
Ich denke, dass manche meiner Gefühle schlecht oder unangebracht sind und, dass ich sie nicht haben sollte.
Ich urteile darüber, ob meine Gedanken gut oder schlecht sind.
Mit Aufmerksamkeit Handeln:
Ich achte nicht darauf, was ich tue, dass ich tagträume, mir Sorgen mache oder anderweitig abgelenkt bin.
Ich finde es schwierig, auf das konzentriert zu bleiben, was im gegenwärtigen Augenblick passiert.
Wenn ich etwas tue, dann schweifen meine Gedanken ab und ich bin leicht abzulenken.
Doch eine wirklich ziemlich lange Zeit, bevor MBSR und moderne Achtsamkeitsforschung entstanden sind, haben Menschen bereits über Achtsamkeit nachgedacht, nachgespürt und sich an Definitionen versucht. Vor allem in spirituellen bzw. religiösen Kontexten…
Achtsamkeit in Spiritualität, Religion & Tradition
Gerade in der buddhistischen Praxis spielt Achtsamkeit eine wichtige Rolle. Die ursprünglichen Begriffe aus dem Pali sind sati oder auch samma sati. Übersetzt bedeutet samma sati so viel, wie richtige Achtsamkeit oder rechte Bewusstheit. Sati beschreibt die Fähigkeit des Geistes, bei etwas zu verweilen, es im Gedächtnis zu behalten und mit der Aufmerksamkeit im gegenwärtigen Moment präsent zu sein. Die Achtsamkeit ist Teil des achtfachen Pfads und soll als Kultur des Bewusstseins zum Ende des Leidens beitragen.
Wenn du mehr über die buddhistische Perspektive erfahren möchtest, schau gern mal hier vorbei:
Das buddhistische Haus - Berlin Frohnau: Kultivierte Achtsamkeit; der direkte Weg zu Nibbāna (von Tissa Weeraratna)
Palikanon.com: SATIPATTHᾹNA
Buddha-Stiftung: Grundlagen der Achtsamkeit , Achtsamkeit
So verstehen wir Achtsamkeit bei 7Mind
Orientiert an der modernen, säkularen Praxis, verstehen wir Achtsamkeit als ein Gewahrsein, das entsteht, wenn wir die Aufmerksamkeit auf eine bestimme Art und Weise ausrichten (z.B. auf Sinneseindrücke, Körperempfindungen, Gefühle & Gedanken): indem wir…
innehalten und uns gegenwärtigen Empfindungen und Eindrücken zuwenden
beobachten, was im Hier und Jetzt ist
(gedanklich) beschreiben, was wir wahrnehmen
akzeptieren, was sowieso da ist und dabei üben weder das Wahrgenommene, noch uns selbst, automatisch zu verurteilen
mit Aufmerksamkeit handeln, statt impulsiven Reaktionen immer das Feld zu überlassen
Zu unserem Achtsamkeitsverständnis gehört unabdingbar dazu, die uralten Wurzeln der Praxis zu achten und ihren Wert zu schätzen, unabhängig davon, ob die eigene Praxis gerade einem spirituellen Weg folgt oder nicht.
Du willst mehr zu den Facetten von Achtsamkeit erfahren?
In der “Science Snack”-Kolumne versorgt uns unsere Kollegin Siri regelmäßig mit den neuesten Erkenntnissen aus der Wissenschaft — rund um Psychologie, Achtsamkeit und Meditation. In diesem weiterführenden Artikel erfährst du zum Beispiel wie Achtsamkeit wissenschaftlich gemessen wird und wie du sie trainieren kannst.
Foto: Arina Krasnikova auf Pexels
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