Was macht Alleinsein mit uns? Das sagt die Wissenschaft
Zum Schutz der körperlichen Gesundheit reduzieren wir unsere Kontakte. Doch was macht das mit unserer mentalen Gesundheit? Der Science Snack gibt praktische Antworten aus der Wissenschaft.
Siri Frericks
Science Snack #2
Die Auswirkungen und der Umgang mit dem Alleinsein
Das Alleinsein hat sich innerhalb des letzten Jahres zu einem allgegenwärtigen Phänomen, einem viel besprochenen Thema und einer Herausforderung für die psychische Gesundheit vieler Menschen weltweit entwickelt. Durch die Pandemie und die mit ihr einhergehenden Kontaktbeschränkungen schlich sich die Einsamkeit in viele Leben und forderte die Resilienz der Weltbevölkerung heraus. Virtuelle Kontakte über soziale Medien und Konferenz-Tools können zwar Einsamkeitssymptome lindern, persönliche Treffen, Freizeitaktivitäten, Sport- und Kulturveranstaltungen aber nicht ausreichend ausgleichen.
Fühlen sich alle Altersgruppen gleich stark belastet?
Besonders die 18- bis 25-jährigen erleben gravierende Einschränkungen im Sozialleben: Partnersuche und Sexualleben sind nur eingeschränkt möglich, schulische, berufliche und private Feiern finden nicht statt. Die Umstellung auf digitale Lernformate an Universitäten erschweren soziale Kontakte - vor allem für Studierende der ersten Semester - und führen auch dazu, dass Schwierigkeiten mit der Tagesstruktur, mit Prokrastination und Prüfungsangst vermehrt auftreten. Junge Erwachsene zwischen 18 und 30 berichten dementsprechend über die meisten Einsamkeitsgefühle in Verbindung mit Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung. Der Verlust der Tagesstruktur führte allerdings auch bei alleinstehenden Erwachsenen im vergangenen Jahr stärker zu Gefühlen der Einsamkeit. Denn sie konnten durch die Maßnahmen nur wenige oder lange Zeit gar keine Freunde:innen treffen. Eine Online-Studie fand heraus, dass die Regel, Zuhause zu bleiben für jüngere Menschen (18 - 34) vermehrt mit Depressionen und Ängsten einherging, was auf Menschen über 35 nicht zutraf. Wie können wir uns vor dieser Bedrohung für unsere psychische Gesundheit schützen?
Dir selbst begegnen
7Mind-App kostenlos downloadenAllein mit Alleinsein umgehen: Selbstgeführte Maßnahmen
Eine Literaturrecherche, die die Ergebnisse von 1390 Studien zusammenfasst, hat sich der Frage gewidmet, welche selbstgeführten Maßnahmen im Umgang mit Angst, Depression und Stress hilfreich sein können. Die daran beteiligten Forschenden internationaler Universitäten fanden heraus, dass verschiede Ansätze vielversprechende Effekte zeigen - darunter auch Achtsamkeits- und Akzeptanz-basierte Interventionen.
Welche Meditationstechniken besonders hilfreich sind, hat eine Studie mit einem Smartphone-basierten Achtsamkeitstraining untersucht. Dafür nahmen 153 Menschen in drei Gruppen an einem 14-tägigen Programm teil. Die erste Gruppe übte sich im achtsamen Beobachten und Akzeptieren dessen, was im gegenwärtigen Moment wahrnehmbar ist. Die zweite Gruppe widmete sich ausschließlich der achtsamen Beobachtung des Gegenwärtigen und die dritte Gruppe stellte eine aktive Kontrollgruppe dar. Sie beschäftigten sich mit freier Reflexion, analytischem Denken und Problemlösen. Drei Tage nach Abschluss des Trainings wurden verschiedene Aspekte, wie Einsamkeit und Sozialkontakte im alltäglichen Leben abgefragt. In den Ergebnissen zeigt sich, dass das Empfinden von Einsamkeit bei der Gruppe, die achtsames Beobachten und Akzeptieren geübt hat, um 22% gesunken ist. Außerdem hatten sie, verglichen mit den Teilnehmenden der anderen Gruppen, pro Tag mehr Interaktionen mit mehr Menschen. Die Forschenden erklären sich das Ergebnis dadurch, dass ein gleichmütiger Umgang mit Gefühlen der Einsamkeit und der Isolation in Verbindung mit Akzeptanz und Achtsamkeit dazu führen kann, dass sich die Einsamkeit auflöst und die Auseinandersetzung mit anderen im täglichen Leben gefördert wird.
Die Studie zeigt also, dass ein Smartphone-basiertes Meditationstraining Einsamkeit verringern und soziale Kontakte im täglichen Leben verbessern kann. Insbesondere die Entwicklung einer akzeptierenden Haltung gegenüber eigenen Erfahrungen und Erlebnissen fördere die Fähigkeit, sich sozial verbunden und weniger einsam zu fühlen. Das war im Rahmen der Studie sogar an der Häufigkeit und Vielfalt sozialer Interaktionen zu beobachten.
Auch wenn wir einander zur Zeit nur mit bestimmten Vorkehrungen treffen können, können wir soziale Interaktionen doch auf anderen Ebenen möglich machen. Vielleicht kann schon kurzer Blickkontakt beim Einkaufen, ein freundlicher Gruß an Nachbarn, ein Telefonat mit lieben Bezugspersonen oder ein ehrliches "Wie geht es dir?" im Arbeitsumfeld unser Gefühl von Verbundenheit stärken und die Einsamkeit lindern.
Die Podcastfolge zum Artikel:
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