Keine Ausreden mehr – Mein Weg zu mehr Willensstärke

Warum ich irgendwann beschlossen habe, unangenehme Dinge nicht mehr aufzuschieben und Konflikte anzugehen, statt zu vermeiden. So wurde ich endlich zum Macher.

Manche haben Probleme, morgens aus dem Bett zu kommen, andere würden sich gern gesünder Ernähren oder mit dem Rauchen aufhören. Im Gegensatz dazu, klingen meine Probleme geradezu banal, denn ich möchte lernen, einen Arzttermin zu vereinbaren, meine Hausverwaltung anzurufen oder einen Konflikt anzusprechen. Manchmal sind es die einfachsten Dinge, die einem den letzten Nerv rauben. Und die ich so lange aufschiebe, bis ich mich mit einer endlosen To-Do-Liste an Terminen und Pflichten konfrontiert sehe, die ich am liebsten verbrennen würde. Wie kommt es, dass wir unseren Aufgaben als Manager, Projektleiter, Supervisor oder Autoren oft problemlos nachkommen können aber mit den kleinen Aufgaben des Lebens manchmal grundlos überfordert sind? Ich bin meinen eigenen Ausreden auf den Grund gegangen und habe plötzlich viel über meine eigene Bequemlichkeit gelernt.

Gönnerkultur oder reine Faulheit?

“Gönn dir!” – Ich liebe diesen Satz. Er rechtfertigt nicht nur köstliche Desserts und das Feierabendbier, sondern auch den ganz alltäglichen Seelenfrieden. Ich habe zwar einen Wasserfleck in der Küche und die Hausverwaltung sollte dringend darüber informiert werden, aber ich sollte mir an meinem freien Abend wirklich eine Auszeit gönnen. So ein anstrengendes Telefonat muss doch echt nicht sein, lass mich lieber auf der Couch liegen, schließlich habe ich mir das nach diesem harten Arbeitstag wirklich verdient!

Natürlich hat jeder das Recht auf einen freien Abend und etwas Entspannung. Wenn die Gönner-Mentalität Überhand nimmt, hält sie einen aber leider davon ab, wichtige Dinge einfach zu erledigen. Ein Telefonat mit der Hausverwaltung dauert vielleicht zehn Minuten und anschließend ist immer noch ausreichend Zeit, sich auf der Couch zu suhlen.

Interessanterweise, sind vor allem Telefonate, die mir zunehmend Schwierigkeiten bereiten. Telefonieren tue ich irgendwie nur noch, wenn es ganz dringend ist. Ich gehöre zu den Menschen, die mittlerweile ganz nervös werden, wenn das Handy klingelt. Mein Klingelton erschreckt mich regelrecht. Wer ruft denn heutzutage noch jemanden an? Kann man das nicht per Mail oder Whatsapp klären, so ganz unverbindlich? Am Telefon muss ich ja sofort reagieren und das ist schon fast unbequem. Dieses Eingeständnis rüttelte etwas in mir wach. Ich war so sehr auf meinen vermeintlichen Frieden bedacht, dass ich vergessen hatte, dass eine funktionierende Wasserleitung oder der Zahnarzttermin essentiell wichtig dafür sind. Kleine Zahnräder im Uhrwerk meiner Zufriedenheit, die ich nicht vernachlässigen, sondern pflegen sollte. Und das gelingt mit am besten mit der “Getting-Things-Done-Methode”.

Machen statt aufschieben

Es klingt banal aber Übung machte mich tatsächlich zum Meister der Erledigung nerviger Aufgaben. Statt ein Telefonat aufzuschieben, tippe ich einfach sofort die Nummer ins Smartphone. Genauso wie die Entscheidung joggen zu gehen, mit dem Anziehen der Schuhe gefällt wird, beginnt ein Telefonat einfach nur mit der Nummer. Zusätzlich nehme ich mir jeden Tag 15 Minuten Zeit, um mich zu organisieren und die kleinen Dinge des Alltags zu erledigen. Und zwar nicht irgendwann, sondern direkt nach der Arbeit. Klar, 15 Minuten reichen nicht immer aus aber frei nach der “Getting-Things-Done-Methode”, ist danach der Kopf frei und die Laune im Feierabendmodus. “GTD” ist eine Selbstmanagement-Methode von David Allen, in der es einfach nur darum geht, unliebsame Aufgaben als erstes, statt als letztes zu erledigen. Schwieriger wird es, wenn es um zwischenmenschliche Situationen geht. Denn so gut mein Selbstmanagement auch ist, für effektive Streitschlichtung muss ich vor allem mein Selbstbewusstsein anzapfen.

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Ansprechen statt Anspannen

Wer streitet sich schon gerne? Innerlich streben wir ständig nach Harmonie. Selbst dann, wenn sie gar nicht echt ist. So sitzt mir manchmal jemand gegenüber, mit dem ich mich eigentlich innerlich verkracht habe. Es ist erschreckend bequem, so zu tun “als ob” – Als ob alles ok ist, als ob man sich nicht insgeheim über die Person aufregt und der Konflikt gar nicht im Raum steht. Seit einiger Zeit habe ich begriffen, dass diese Taktik auf Kosten meiner eigenen Gesundheit geht und zwar meiner emotionalen Gesundheit. Tatsächlich konnte ich irgendwann wahrnehmen, dass ich oft ein unangenehmes Gefühl herunterschlucke, um einen Konflikt zu vermeiden. Wenn das öfters vorkommt, befindet sich in meiner Magengegend schnell ein richtiger Kloß aus angestauten Emotionen und Anspannung, der sich dann nur noch in einem ausgewachsenen Streit entladen kann.

Heute ist mir bewusst, dass viele Menschen große Magier sind, wenn es um das herbeizaubern von künstlicher Harmonie geht. Oft vergisst man, wie befreiend die Erfahrung ist, dass Konflikte einen nicht trennen. Ganz im Gegenteil. Meine engsten Vertrauten sind Menschen, mit denen es auch mal kracht. Um einen Konflikt anzusprechen, muss man allerdings genug Selbstbewusstsein aufbringen, um zu seiner Position zu stehen und sich auszudrücken. Denn unsicher bin ich meist nur, wenn ich nicht genügend Klarheit über meine eigene Gefühlslage habe.

Just sit with it

Um mir darüber bewusst zu werden, wo eigentlich mein Problem liegt, nutze ich seit einem guten Jahr die Meditation, oder auch die Methode: “Just sit with it”. Wann immer ich mit einer Emotion, einem Streit oder zwischenmenschlichen Situation überfordert bin, gebe ich mir die Chance, mit diesem Gefühl präsent zu sein. Bevor ich die betroffene Person das nächste Mal treffe, setze ich mich hin und frage mich, wie es mir geht. Was bewegt sich in mir? Hat der Konflikt eventuell nur mit mir selbst zu tun? Was ist das für ein Gefühl, dass ich als unangenehm bewerte und das unbedingt “weg” soll? Diese Fragen verhelfen mir oft zu mehr innerer Klarheit, die ich anschließend mit in das Gespräch nehmen kann. Indem ich einfach nur mit mir selbst dasitze und meine innere Stimmungslage “aushalte”, schenke ich mir den nötigen Freiraum, um Konflikte achtsam anzugehen. Oft entsteht daraus wie von selbst das Verlangen, bewusst in die Auseinandersetzung zu gehen, statt sie weiterhin zu vermeiden. Als würde meine innere Klarheit schnell die äußere Klärung einfordern. Diesem Impuls gehe ich anschließend ganz selbstverständlich nach.

Vielleicht kommen dir meine Ausreden bekannt vor, vielleicht hast du aber auch ganz eigene Strategien entwickelt, unliebsame Aufgaben und Gespräche von dir fernzuhalten. Wenn es um konkrete To-Do’s geht, die du aus Bequemlichkeit vor dir herschiebst, dann mach dich frei und pack sie an! Bei zwischenmenschlichen Konflikten hingegen, kann es hilfreich sein, dir kurz Zeit zu geben, die eigenen Gefühle zu erforschen, bevor du jemanden damit konfrontierst. Auch wenn es mal unharmonisch oder stressig zugeht – All diese Situationen stärken deine Selbstsicherheit und sind kleine persönliche Erfolge auf dem Weg zu mehr Bewusstheit und Achtsamkeit im Alltag.

Die Podcastfolge zum Impuls der Woche:

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Bildquelle: Brooke Cagle

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