Konzentriert Arbeiten im Flow-Zustand (Teil 2)

Du bist ständig abgelenkt? Erfahre, wie du häufiger in den produktiven und erfüllenden Flow-Zustand findest und konzentrierter arbeiten kannst.

von Eva Siem

Die Firma Patagonia ist nicht nur für ihre Outdoor-Ausrüstung bekannt, sondern auch für ihre besondere Unternehmenskultur: Mitarbeitende dürfen zum Beispiel jederzeit während ihrer Arbeitszeit surfen gehen, wenn die Wellen gerade gut sind. Yvon Chouinard, Gründer von Patagonia, findet es wichtiger, dass die Arbeit gemacht wird und nicht wie sie gemacht wird. 

Aber wie kommt eine Firma auf so eine Regelung, die inzwischen als “Let My People Go Surfing” bekannt ist [1]? Es soll Vertrauen, Flexibilität und Freiheit fördern und dem Team helfen, häufiger in den erfüllenden Flow-Zustand zu helfen - sei es nun beim Arbeiten oder beim Surfen. 

Denn wie du in Teil 1 dieses Artikels vielleicht schon gelesen hast, ist Flow der mentale Zustand vollständiger Verschmelzung mit einer Tätigkeit – du bist hochkonzentriert und fühlst dich großartig. Dazu wird Flow mit vielen positiven Effekten in Verbindung gebracht [2], u.a. mit mehr Produktivität, Zufriedenheit und Engagement. Menschen berichten von mehr Kreativität, mehr Energie nach Feierabend und weniger Burnout.

Klingt gut? Dann erfahre jetzt, wie du häufiger Flow erleben kannst.

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Bei was kann ich Flow erleben?

Flow kannst du bei fast allen Aktivitäten erleben, solange du aktiv involviert bist. Dich auf der Couch in einer Endlosschleife an YouTube Videos zu verlieren zählt also nicht.

Es braucht allerdings auch keine hochkomplexe Aufgabe für Flow. Das beste Beispiel dafür ist Rico, von dem der Psychologe Csikszentmihalyi in seinem Buch “Flow: The Psychology of Optimal Experience” berichtet [3]:

Rico arbeitete in einer Autofabrik und war dafür verantwortlich, Teile auf ein Förderband zu legen, wo Roboter sie verschraubten. Obwohl Ricos Arbeit auf den ersten Blick monoton erscheinen mochte, gelang es ihm, sie interessant zu machen: Er versuchte, die Teile in genau dem richtigen Winkel auf das Förderband zu legen, um zu sehen, wie der Roboter damit umgehen würde. Er verbesserte seine Genauigkeit und Geschwindigkeit und bemühte sich, seinen eigenen Rekord zu brechen.

Durch diese spielerische Herangehensweise erreichte er regelmäßig den Flow-Zustand. Er war voll und ganz auf seine Arbeit konzentriert und empfand große Zufriedenheit (im Gegensatz zu seinen Kolleg:innen). Es sind also nicht nur anspruchsvolle oder kreative Projekte, bei denen du Flow erreichen kannst, sondern auch scheinbar einfache und routinemäßige Aufgaben.

Um es ganz konkret zu machen, sind vor allem drei Faktoren hilfreich…

Wie findet man Flow?

1. Klare Ziele

Für volle Konzentration musst du erstmal wissen, worauf du dich konzentrierst. Du brauchst also ein klares Ziel. Wenn du z.B. gerne “mehr Spanisch lernen” möchtest, mach es ganz spezifisch: Nimm dir vor, “jeden Morgen 10 neue Vokabeln zu lernen” oder dich “mindestens ein Mal im Monat mit Spanisch Tandem-Partner:innen zu verabreden”. So sind deine nächsten Schritte ganz klar und du kannst deine kognitiven Kapazitäten genau darauf ausrichten.

Frage dich also:

  • Weißt du ganz genau, was die nächsten Schritte sind?

  • Falls nein, wie kannst du dein Ziel ggf. noch spezifischer formulieren?

2. Direktes Feedback

Direktes Feedback zeigt dir, ob du dich deinem Ziel näherst oder du noch Anpassungen machen musst. Dieses Feedback kann zum Beispiel von anderen kommen: Stand-Up Comedians bekommen bspw. direktes Feedback in Form von Lachen und Klatschen des Publikums. Rico bekam womöglich eine Fehlermeldung vom Roboter, wenn er ein Teil falsch auf das Band legte.

Aber auch die Tätigkeit an sich kann Feedback geben: Autor:innen sehen, wie viele Absätze sie geschrieben haben, Gitarrist:innen hören sofort, wenn sie sich vergriffen haben und Rico sah, wie viele Teile er pro Minute bearbeitet hat.

Wenn beides schwierig ist, kann man auch versuchen, sich selbst Feedback zu geben. Künstler:innen mit etwas Erfahrung bekommen beispielsweise mit der Zeit ein besseres Gefühl dafür, was ein Kunstwerk braucht, um den Menschen zu gefallen. 

Wie kannst du deinen Fortschritt messbar machen? Welche Feedback-Quellen können dir zeigen, ob du dich gerade deinem Ziel näherst?

3. Die richtige Herausforderung

Als wichtigste Voraussetzung gilt eine ideale Balance aus den Anforderungen einer Aufgabe und den eigenen Fähigkeiten.

Oder einfacher gesagt: Wenn du glaubst, dass eine Aufgabe viel zu schwierig für dich ist, können sich Stress, Überforderung oder Angst einschleichen. Diese Gefühlszustände können dich von dem eigentlichen Ziel ablenken und so verhindern, dass du Flow findest.

Glaubst du allerdings, dass du eine Aufgabe im Schlaf machst, können Langeweile, Trägheit und Unterforderung Flow verhindern. Du wirst unkonzentriert, müde und demotiviert.

Für Flow brauchen wir also die goldene Mitte: Wir müssen uns aus der Komfortzone wagen und uns herausfordern, aber nur so weit, dass wir nicht überwältigt werden. Am besten sind sowohl die Anforderungen als auch unsere Fähigkeiten hoch. Das wird im sogenannten “Oktantenmodell” dargestellt [4, 5].

Bild

Mit dem spielerischen Ansatz, sich selbst zu übertrumpfen, hat Rico es geschafft, die ideale Herausforderung für sich zu schaffen: Er hat so Langeweile bei einer vermeintlich monotonen Aufgabe vermieden und konnte stattdessen in den Flow abtauchen.

Wichtig hierbei ist: Es geht um die Wahrnehmung. Es sind keine objektiven Maßstäbe, ob eine Aufgabe nun schwer oder deine Fähigkeiten ausreichend sind. Es geht darum, wie du die Aufgabe und deine Fähigkeiten einschätzt.

Das Gute dabei ist: Wenn du dich über- oder unterfordert fühlst, können Strategien wie Atemübungen oder Perspektivwechsel bei der Selbstregulation helfen und Flow wahrscheinlicher machen.

Wenn du beim Arbeiten (oder anderen Aktivitäten) häufiger die Zeit vergessen und in den Flow finden willst, …

  • Wie könntest du die Aufgabe anpassen, um dich optimal herauszufordern? 

  • Können dir bestimmte Ressourcen, (Selbstregulierungs-)Strategien oder Unterstützung von anderen helfen, Stress und Ängste zu reduzieren?

  • Oder kannst du umgekehrt die Aufgabe so anpassen (z.B. mit einer selbst gesetzten Deadline oder einer spielerischen Herangehensweise), dass sie fordernder für dich wird?

Achtsamkeit und Flow

Auf den ersten Blick scheinen Achtsamkeit und Flow gar nicht so viel gemeinsam zu haben:

Im Flow fließen unsere Gedanken und Bewegungen wie automatisch, während wir mit Achtsamkeitsmeditationen das Beobachten trainieren, statt automatisierten Mustern nachzugehen. Im Flow sind wir ganz selbstvergessen, während wir mit Achtsamkeit unserer Selbst mehr bewusst werden.

Statt diese beiden Zustände als zwei Gegensätze zu betrachten, kann man Achtsamkeit eher als Sprungbrett in Richtung Flow verstehen:

Denn Achtsamkeit kann dich dabei unterstützen, Über- oder Unterforderung schneller zu identifizieren, deine Selbstwahrnehmung zu stärken, deine Impulskontrolle zu verbessern und ablenkende Gedanken besser loszulassen. Das kann helfen, das ideale Herausforderungsniveau für dich zu finden, um Flow zu ermöglichen.

In einem achtsamen Zustand sind wir auf den gegenwärtigen Moment fokussiert und beobachten beispielsweise unsere Atmung. Im Flow können wir dann die nächste Stufe an Konzentration erreichen und uns völlig in unsere Aufgabe vertiefen [6].

Auch die Studienlage weist darauf hin, dass mehr Achtsamkeit mit mehr Flow in Verbindung gebracht wird [7].

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Vielleicht kribbelt es dir jetzt auch schon in den Fingerspitzen loszulegen und in den Flow zu finden? Dann auf geht’s! Wir hoffen, die Impulse helfen dir dabei.


Quellen:

[1] Chouinard Y. Let My People Go Surfing. Penguin Paperbacks; 2006.

[2] Fullagar C, Antonella Delle Fave. Flow at Work. Taylor & Francis; 2017.

[3] Csikszentmihalyi M. Flow: The Psychology of Optimal Experience. Harper and Row; 1990.

[4] Csikszentmihalyi, M. (1997). Finding Flow: The Psychology of engagement with everyday life. New York, NY: Basic Books.

[5] Ausgewählte Themen. Accessed April 5, 2024. http://www.positive-psychologie.ch/?page_id=217

[6] Komagata N, Komagata S. Mindfulness and Flow Experience.; 2010. Accessed April 2, 2024. http://nobo.komagata.net/pub/Komagata+10-MindfulnessFlow.pdf

[7] Schutte NS, Malouff JM. The connection between mindfulness and flow: A meta-analysis. Personality and Individual Differences. 2023;200:111871. doi:https://doi.org/10.1016/j.paid.2022.11187

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