Gedanken organisieren: 3 einfache Methoden

Eine App erinnert uns daran, Wasser zu trinken, die Armbanduhr zählt Kalorien. Der Alltag ist durchoptimiert, aber haben wir dadurch wirklich den Kopf frei?

von Alexandra Gojowy

Du stehst auf, greifst zum Smartphone. Eine App weiß genau, wie viele Stunden du geschlafen und wann du besonders intensiv geträumt hast. Sie hat genau kalkuliert, wann du aufwachen solltest, um fit und ausgeruht in den Tag zu starten.

Du stehst auf, reckst und streckst dich. Auf dem Weg ins Badezimmer suchst du dir eine Yogaübung aus. Nach dem Zähneputzen geht es für eine 15-minütige Einheit auf die Matte. Den Core gestärkt? Check. Kalorien verbrannt? Check. Was noch fehlt, ist die perfekte Mahlzeit. Die Push-Notification verrät dir, dass du heute deinen Eisprung hast! Ein Blick auf das Smartphone genügt, um herauszufinden, welche Nährstoffe du brauchst und wie viele davon. Endlich am Küchentisch niedergelassen, trägst du ein, wie viel Zeit dich deine Morgenroutine gekostet hat. Ganze zwei Minuten weniger als gestern! Zufrieden lehnst du dich zurück. Heute wird ein guter Tag.

Was wie der Anfang eines Science-Fiction Films klingt, ist schon längst Realität. Wir alle greifen im Alltag gerne auf kleine Tools und Helferlein zurück, die es uns leichter machen sollen, das Leben zu organisieren, Dinge zu schaffen und uns dabei nicht zu stressen. So wird jedes noch so kleine Ritual plötzlich zu einem To-Do, das abgearbeitet werden muss. Haben wir es nur mit Spielereien zu tun, die uns höchstens vorgaukeln, mehr geschafft zu haben? Eigentlich müsste am Ende doch mehr Zeit übrig bleiben, die wir für die Organisation unserer Gedanken und Ideen nutzen können. Aber stimmt das wirklich oder nutzen wir nur die falschen Methoden?

Die Krux der kleinen Schritte

Jeder weiß, wie befriedigend es ist, eine To-Do-Liste abzuarbeiten. Egal, ob wir nach der Arbeit noch zur Post müssen oder unsere Einkaufsliste niederschreiben, sobald wir einen Haken setzen, stellt sich ein Gefühl der Zufriedenheit ein. Listen helfen uns, den Überblick zu behalten, Kleinigkeiten nicht zu vergessen, Gedanken und Impulse festzuhalten. Soweit, so hilfreich. Den Überblick zu haben, bedeutet aber nicht, dass wir automatisch produktiver sind.

“Ist Produktivität die Summe der abgehakten Punkte oder ist Produktivität das Erreichen eines größeren Ziels?” Eine berechtigte Frage, die Reporter Jan Vollmer in einem Artikel für die t3n stellt. Das Problem der Mini Ziele: Sie brechen unseren Alltag in viele kleine Schritte herunter. Immer seltener haben wir das Gefühl, im “Flow” zu sein: Ein Zustand, in dem wir uns für einen längeren Zeitraum auf eine Sache konzentrieren. Im Flow vergessen wir die Zeit und auch, genügend Wasser zu trinken, und machen keine Pause, bis wir einen Gedanken, eine Aufgabe oder eine Idee vollendet haben.

Aber haben wir nicht letztens noch irgendwo gelesen, dass man am besten in Intervallen arbeitet, nie länger als 25 Minuten am Stück? Oder nein, ging es nicht darum, sich Zeitblöcke zu setzen, in denen man möglichst ungestört ist und große Aufgaben am Stück bearbeiten kann?

Wir finden, es ist Zeit, einen Schritt zurück zu treten. Denn nicht alles funktioniert für jeden und überhaupt ist es fast unmöglich, eine einheitliche Arbeitsweise für die vielen verschiedenen Arbeitstypen zu definieren, die es unter uns gibt. Frei nach dem Motto “Keep it simple” wollen wir weg vom Tool-Wahnsinn und hin zu einfachen Werkzeugen, die analog und ganz klassisch dabei unterstützen, Dinge zu erledigen. Alles, was du dazu brauchst, sind Papier und Stift!

1. Das Bullet-Journal

Die Bullet-Journal Methode wurde maßgeblich von Ryder Carroll geprägt und hilft vor allem dabei, Klarheit in das Gedankenchaos zu bringen und unterschiedliche Lebensbereiche zu organisieren. Mit einem Bullet-Journal gelingt es dir, verschiedene Aufgaben inhaltlich voneinander zu trennen. Ein Bullet-Journal zeichnet sich dadurch aus, dass es komplett personalisiert werden kann. Du kannst jedes Notizbuch zu deinem persönlichen Bullet-Journal machen und nur mit den Farben, Zeichnungen und Formen arbeiten, die dir Spaß machen und dich motivieren.

Carroll selber sagte gegenüber dem Autor Tim Maurer “It’s really a mindfulness practice that’s disguised as a productivity system” und bezieht sich dabei vor allem auf die Zeit, die man mit sich selbst und seinen eigenen Gedanken verbringt, während man das Journal führt. Beim Bullet-Journal geht es darum, in dich zu gehen, deine Gedanken zu Papier zu bringen, dich mit dir selbst zu beschäftigen. So erfährst du, was dir wirklich wichtig ist und dich bewegt, statt einfach nur stumpf To-Do’s runterzuschreiben.

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Du kannst einfach damit beginnen, dir eine Kalenderansicht aufzuzeichen. Die wichtigsten Symbole für jeden Tag sind: Ein Punkt für eine Aufgabe, ein Minus für eine Notiz, ein Kreis für einen Termin. Zudem kannst du einen Tag in morgens, mittags, abends einteilen. Wie wäre es, den Morgen mit einigen Fragen an dich selbst zu beginnen und in dich zu schauen, statt sofort auf die Yogamatte zu rollen?

Frage dich zum Beispiel, wie du dich fühlst, was du heute gerne erreichen möchtest, mit wem du heute besonders gern sprechen würdest. Abends kannst du reflektieren, wofür du dankbar warst, ob du etwas neues gelernt hast oder einfach nur einen Satz aufschreiben, der dir in Erinnerung geblieben ist. Mehr Ideen und Anregungen zur Bullet-Journal-Methode findest du direkt bei Ryder Carroll oder auch hier.

2. Das Habit-Wheel

Das Habit-Wheel kommt aus dem Journaling und hilft dir, langfristig den Überblick zu behalten - und das in nur wenigen Sekunden am Tag. Der große Vorteil am Habit-Wheel ist, dass du mehrere Kleinigkeiten auf einmal im Blick hast - ganz ohne ständig dein Smartphone checken zu müssen. Meditieren, lesen, spazieren gehen, aufräumen, was auch immer du an einem Tag erledigt hast, kannst du im Habit-Wheel festhalten. Dabei geht es nicht darum, wie viel Zeit du mit einer bestimmten Aktivität verbracht hast. Vielmehr kannst du dir in Erinnerung rufen, was dir gut tut und welchen kleinen Routinen du gerne jeden Tag nachgehen möchtest.

Im Internet finden sich eine Vielzahl an Vorlagen, die du ausdrucken kannst. Das Habit-Wheel lässt sich aber auch ganz leicht zeichnen. Wenn du dein Habit-Wheel einige Monate lang ausgefüllt hast, wirst du sicherlich auch deine Muster erkennen. Vielleicht gibt es sogar erkennbare Phasen innerhalb eines Monats, während denen es dir schwerer fällt, deinen Gewohnheiten nachzugehen. Denk daran, dass es weniger darum geht, dich zu optimieren, als dir selbst auf die Schliche zu kommen.

3. Brainwalking

Bewegung bringt uns in Schwung und das nicht nur auf physischer Ebene. Vielleicht ist dir auch schon mal eine geniale Idee unter der Dusche gekommen. Oder dir ist ein wichtiger Termin eingefallen, während du in der Küche standest, um dir einen Kaffee zu machen. Brainwalking ist eine Kreativmethode für genau solche Blitzideen und stellt sicher, dass wichtige Dinge und spontane Einfälle im Alltag nicht untergehen. Dafür kannst du deine ganze Wohnung, dein Zimmer oder Arbeitsplatz zu einem Spielplatz für deine Kreativität machen.

Besorge dir ganz einfach ein paar bunte Post-Its und Stifte und verteile sie überall dort, wo dir gute Ideen kommen könnten: Am Badezimmerspiegel, am Kühlschrank, an deiner Garderobe, neben der Kaffeemaschine, am Laptop oder vielleicht sogar auf dem Esstisch. So hast du jederzeit alle Werkzeuge zur Hand, wenn dir etwas Wichtiges einfällt. Viele Menschen fühlen sich allein durch den Gedanken gestresst, dass sie etwas vergessen könnten. Brainwalking ist eine gute Methode, geistig flexibel zu bleiben und Ideen in dem Moment festzuhalten, wenn sie dir kommen, nicht dann, wenn du an sie denken MUSST.

Auch, wenn du gezielt nach einer Geistesblitz suchst, kannst du mit dieser Methode Schritt für Schritt auf neue Gedanken kommen. Im Sommer lässt sich Brainwalking sogar ganz leicht im Freien umsetzen! Mit etwas Vorbereitung kannst du verschiedenen Stationen in deinem Garten, einem nahegelegenen Stadtpark oder auf dem Weg zur Arbeit festlegen. Bei jedem Stopp notierst du dir einen neuen Gedanken. Dabei werden alle Sinne angesprochen und gleichzeitig versorgst du dein Gehirn mit frischer Luft.

Brainwalking ist nicht unbedingt eine Methode, um dich zu organisieren, trotzdem hilft sie dabei, produktiv und kreativ an Problemstellungen zu arbeiten und funktioniert vor allem ohne W-LAN Verbindung!

Mit Spaß gegen Stress

Du siehst, analoge Selbstorganisation ist nicht schwer. Sie benötigt vielleicht ein wenig mehr Motivation und Eigeninitiative, doch am Ende macht es vor allem Spaß und erlöst dich vom ewigen Produktivitätszwang. Bei den hier vorgestellten Methoden geht es weniger darum, noch mehr in noch kürzerer Zeit zu schaffen und so alle Arbeitsprozesse zu optimieren, sondern vielmehr um kreative und spielerische Wege, sich selbst und seine Gedanken zu sortieren. Wichtig ist, dass du herausfindest, was zu dir passt. Vielleicht hilft es dir, deinen Alltag bis ins kleinste Detail zu tracken. Vielleicht macht es dir aber auch mehr Spaß, deine Aufgaben mit mehr Spontaneität umzusetzen. Deine Ziele sind da, um in deinem Tempo umgesetzt zu werden. Keep it simple!

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