Was hat es mit dem Trend Wandpilates auf sich?

Wandpilates ist vor allem in den sozialen Medien zu einem regelrechten Hype geworden. Unsere Gastautorin Natalia Cichos-Terrero erklärt dir, was es damit auf sich hat, was dir Wandpilates bringt, aber auch, wieso du dich nicht von den sozialen Medien beeindrucken lassen musst.

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von Gastautorin und Pilates-Trainerin Natalia Cichos-Terrero

Ich bin Pilates-Trainerin und, vor allem berufsbedingt, selbst öfter in den sozialen Medien unterwegs. Aber der Trend Wandpilates, in der Form, wie er seit einiger Zeit auf TikTok, Instagram & Co. gezeigt wird, ist ehrlicherweise an mir vorbeigegangen. Erst meine lieben Kund:innen haben mich letztes Jahr darauf aufmerksam gemacht. Und dann habe ich mir das Ganze einmal näher angeschaut. Eins vorweg: Wandpilates ist nicht gleich Wandpilates. In diesem Bericht möchte ich dir gerne aufzeigen, was Wandpilates wirklich ist, welche Vorteile das Training mit und an der Wand bringt und worauf dabei geachtet werden muss. 

Was Wandpilates (definitiv nicht) ist

Ich war ziemlich verblüfft, als ich gesehen habe, was im Netz unter dem Namen Wandpilates gezeigt wird. Oft werden schön aussehende und sehr akrobatische Übungen an der Wand gezeigt, mit dem Ziel Aufmerksamkeit zu generieren. Häufig sind dann Übungen zu sehen, bei denen sich jemand geradezu an der Wand verrenkt.

Verletzungsgefahr bei falscher Ausführung

Was schön aussieht, ist meines Erachtens für viele ungeeignet. Insbesondere für Menschen mit Beschwerden in Nacken, Schultern, Rücken & Co. Die Verletzungsgefahr ist dann groß. Die notwendige Präzision und Kontrolle bei den Übungen fehlen. Diese sind aber in der Pilates-Methode essenziell. Erst dann werden die Übungen so richtig effektiv, Fehlhaltungen und falsche Bewegungsabläufe werden vermieden und der ganze Körper wird – von Kopf bis Fuß – trainiert. 

Wandpilates = Pilates an der Wand?

Natürlich kann man nicht alles und jede:n über einen Kamm scheren, aber ich muss zugeben, dass ich dem Thema Wandpilates als Trend etwas kritisch gegenüberstehe: Häufig werden Übungen als Wandpilates bezeichnet, haben mit Pilates im klassischen Sinn aber recht wenig zu tun. 

Wandpilates ist, wenn du Übungen, die auf der Matte und einigen der Großgeräte wie “Reformer” oder “Wunda Chair” gemacht werden, an und mithilfe der Wand machst. Was Wandpilates nicht ist, ist jede beliebige Übung an die Wand zu bringen und sie mit dem Namen Pilates zu versehen. Um den Unterschied besser zu verstehen, lass uns noch mal anschauen, was (klassisches) Pilates überhaupt ist.

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Pilates ist so viel mehr als „nur“ Sport

Ich beobachte so einige weit verbreitete Missverständnisse über die Pilates-Methode: Pilates ist nicht einfach Gymnastik. Und auch keine Physiotherapie. Es ist weder wie ein Bauch-Beine-Po-Kurs, noch ist es wie Yoga

Pilates ist eine kraftbasierte, ganzheitliche Trainingsmethode – ein Ganzkörpertraining, das dir helfen soll, die Dysbalancen in deinem Körper auszugleichen. Von außen mögen die Übungen super leicht und unspektakulär aussehen. Erst wenn du es ausprobierst, wirst du feststellen, dass das Ganze wirklich anstrengend sein kann, wenn man es richtig macht.

Warum du es ausprobieren solltest

Der Vorteil: Pilates ist gelenkschonend und für Personen jeden Alters und jeder Konstitution geeignet. Und für mich ist es noch viel mehr: Ich sehe Pilates als eine Art Philosophie. 

Eine Lebensart, die die Wahrnehmung und Haltung verändert, die dich lehrt, deinen Körper zu erforschen, auf ihn zu hören, deinen Geist zur Ruhe zu bringen, Kraft zu tanken, in Balance zu leben, mit dir und der Welt. Während du Pilates machst, übst du dich gleichzeitig in Achtsamkeit. Durch die notwendige Kontrolle und Präzision bist du bei den Übungen komplett bei dir. Und ich sage immer gerne: Die Art und Weise, wie du eine Übung machst, macht sie zur Pilates-Übung. In meinen Augen ist Pilates eine Methode, die dich stark macht: körperlich und mental.

Zugegeben: Diese Veränderungen brauchen ihre Zeit, aber ich kann aus Erfahrung sagen: Ich fühle mich so wohl in meiner Haut und bin so stark – körperlich und mental – wie nie zuvor. Und das, insbesondere durch Pilates. 

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Welche Vorteile hat Wandpilates?

Wandpilates hat sehr viele Vorteile. Um nur einige zu nennen:

  • Alltagstauglichkeit: Nicht jede:r hat immer eine Matte parat und selbst wenn, fehlt manchmal der notwendige Platz, um sie auszurollen. Nicht immer hat man Zugang zu einem Pilates-Studio mit Geräten (wie dem immer bekannter werdenden Reformer). Eine Wand findet man aber immer und überall: ob zu Hause, bei der Arbeit, im Hotelzimmer oder (wenn man lange Wartezeiten überbrücken möchte) am Flughafen. Mit einer Wand hat man sein Trainingsgerät praktisch immer dabei.

  • Feedback: Die Wand ist ein echtes Multitalent und gibt dir ehrliches Feedback. Wenn du an und mithilfe der Wand trainierst, glaube mir, kannst du nicht schummeln. Die Wand zeigt dir exakt, wie (weit) du dich bewegst und welche Asymmetrien und Dysbalancen im Körper da sind. Zum Beispiel, ob und wie sich deine Wirbelsäule oder deine Hüften und das Becken während der Übungen verschieben.

  • Unterstützung: Die Wand dient gleichzeitig als Stütze und als Widerstand, der dir hilft, deinen Körper und vor allem deine Wirbelsäule besser auszurichten, tief liegende Muskelpartien anzusteuern und gleichzeitig an Kraft und Dehnung zu arbeiten.

  • Für viele geeignet: Es eignet sich auch sehr gut für Menschen mit Gleichgewichtsproblemen, Pilates-erfahrene Schwangere oder für Menschen mit Arthritis oder Osteoporose (hier aber bitte immer zuvor eine:n gut ausgebildete:n Trainer:in hinzuziehen, da manche Übungen angepasst werden müssen).

  • Geringer Zeitaufwand: Das Training an der Wand eignet sich gut für alle, die (viel) unterwegs sind. Oder auch für alle, die einfach wenig Zeit haben, sich aber mit wenig Aufwand etwas Gutes tun möchten, ihre Haltung schnell verbessern und sich einfach energiegeladener und besser fühlen möchten. In meinem Buch Wandpilates (GU-Verlag) habe ich vier Trainingsprogramme à 8 Minuten und eines à 20 Minuten. Es gibt aber auch Übungen für z.B. eine tolle, aufrechte Haltung, die sich auch so perfekt eignen, sie einfach mal zwischendurch im Laufe des Tages zu machen, ohne gleich ein ganzes Programm zu absolvieren.

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Eine Wandpilates Übung zum Ausprobieren: The Wall Squat

Stelle dich mit dem Rücken an die Wand. Füße sind parallel und hüftbreit geöffnet. Die Arme sind am Körper entlang gestreckt, Handflächen zeigen zur Wand und werden leicht gegen die Wand gedrückt. Achte dabei darauf, dass deine Schultern nicht nach vorne kommen, ziehe sie leicht nach hinten, gegen die Wand. Schultern und Becken bleiben gerade, wie in einem gedachten Rechteck, ausgerichtet. Gehe ein Stück von der Wand weg (mindestens zwei Fußlängen entfernt). Füße, Knie und Hüften bleiben in einer Linie. 

Einatmend hebst du deine Arme, bis sie parallel zum Boden sind, und rutschst gleichzeitig mit dem Körper entlang der Wand nach unten, bis die Knie 90 Grad gebeugt sind. Deine Knie schauen nicht über deine Füße hervor. Kinn ist parallel zum Boden, Kopf bleibt möglichst an der Wand.

Ausatmend rutschst du mit dem Körper wieder an der Wand noch oben und bringst gleichzeitig deine Arme wieder nach unten, gegen die Wand.

Variante: Statt mit den Armen zu arbeiten, kannst du an der Wand sitzen bleiben und die Position 30 bis 60 Sekunden lang halten.

Wiederhole die Übung 3- bis 4-mal.

Wirkung

Die Übung fordert eine aufrechte Haltung und stärkt zudem deine Bein- und Gesäßmuskulatur.

Tipp

Drücke den Rücken fest gegen die Wand, als wäre an der Wand ein Magnet, der deinen Körper anzieht. Drücke auch die Füße fest in den Boden. Du kannst deine Zehen dabei immer sehen, hältst den Blick aber nach vorne gerichtet und deinen Hals lang. Ziehe den Bauchnabel nach innen und oben und versuche deine Wirbelsäule entlang der Wand zu verlängern. Fange am Anfang mit einer kürzeren Dauer an, wenn du die Sitzvariante wählst. Mit der Zeit merkst du, dass du länger an der Wand sitzen bleiben kannst. Bei Kniebeschwerden solltest du deine Beine nicht ganz so tief beugen.

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Lass dich nicht von den sozialen Medien beeindrucken 

Ich habe für mein Buch Wandpilates ein alltagstaugliches Trainingsprogramm zusammengestellt, das nicht auf den aktuell so beliebten Wandpilates-Challenges aus den sozialen Medien basiert. Es gibt fast 50 Übungen zu verschiedenen Themen, wie aufrechte Haltung / fitter Rücken, Nacken und Schultern, straffe Arme, mehr Stabilität und Balance sowie die klassischen Pilates-Mattenübungen an der Wand. Mit vier Programmen à 8 Minuten und einem Programm à 20 Minuten bekommst du kurze und knackige Workouts an die Hand, die du immer und überall nutzen kannst. Schließlich brauchst du nur eine Wand und dein einzigartiges Ich.

Ich möchte mit dem Buch aber ebenfalls zeigen, dass du nicht erst fit, flexibel, schlank oder sonst etwas sein musst, um Pilates zu machen. Es soll dir zeigen, dass jeder Körper einzigartig und individuell ist. Und deshalb wird jede Übung an der Wand bei dir, mir oder eben jemand in den sozialen Medien etwas anders aussehen. Das hat etwas mit der jeweiligen Körperkonstitution zu tun, damit, wie groß man ist, ob man zum Beispiel einen Rundrücken hat und so weiter. Und nicht alle Übungen, die du auf Social Media findest, eignen sich für jede:n. 

Meine Botschaft an dich:

Im Pilates geht es nicht um einen Vergleich mit anderen, sondern nur mit dir selbst.

Und ich möchte vermitteln, dass du genau gut bist, so wie du bist. Selbst, wenn du mal nur fünf Minuten aufbringst, weil dein Terminkalender es bspw. nicht anders zulässt, dann gibst du 100 Prozent. Ist das nicht fantastisch? Es geht nicht um Perfektion. Es ist ein Prozess. Erfreue dich daher an jeder einzelnen Übung und wertschätze, was du und dein Körper imstande sind, zu tun.

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Bildrechte: GU/ Manuel Ringlstetter


BildNatalia Cichos-Terrero ist Pilates-Trainerin und Buchautorin. Wegen eines Sportunfalls begann sie mit Pilates – seitdem lassen sie das ganzheitliche Training und die Philosophie, die dahintersteckt, nicht mehr los. Sie unterrichtet nach der Pilates-Original-Methode an Geräten und auf der Matte in ihrem Studio »pilatesphilosophie« in Bad Herrenalb sowie online. Was Natalia besonders fasziniert, ist die Stärke und Kraft – körperlich und mental – die einem Pilates gibt. Sie liebt es zu sehen und zu erfahren, wie die Menschen dank der Methode selbstbewusster, aufrechter, anmutiger und auch schmerzfreier durchs Leben gehen. Natalias erstes Buch zum Thema Wandpilates erscheint am 5. September im Gräfe und Unzer (GU) Verlag.

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