6 Wege zu einem entspannteren Familienalltag

Kinder sind für viele das größte Glück und doch können sie uns zur Weißglut treiben. Unsere Gastautorin gibt 6 Tipps, um den Familienalltag entspannter zu gestalten.

Ein Gastbeitrag von Andrea Zschocher von familie.de

Achtsamkeit in der Familie

1.000 Dinge zerren an uns, wollen gleichzeitig erledigt werden. Unser Leben ist mit Kindern unbestreitbar stressiger geworden. Das liegt bei manchen an mangelnder Unterstützung, bei anderen an logistischen Herausforderungen. Wir hetzen durch den Familienalltag und wünschen uns doch, es wäre anders. Und das geht ja auch. Wenn wir ein bisschen mehr auf unsere Kinder achten. Denn Achtsamkeit in der Familie kann uns dabei helfen, einen entspannteren Familienalltag zu leben. Diese sechs Ansätze können uns dabei helfen.

1. Die Zeit vergessen und im Moment leben

Kinder haben, bis sie im Grundschulalter sind, keine genaue Vorstellung von Zeit. Sie lernen dieses Konzept erst durch uns kennen, weil wir ihre Tage aufteilen. Sie verinnerlichen den Tagesablauf, haben aber weiterhin keine echte Vorstellung davon, was "fünf Minuten" sein sollen. Sie wissen nur, zu einer bestimmten Zeit sollen sie aufhören zu spielen. Das Verschwenden von Zeit im allerbesten Wortsinn, das sollten wir Eltern ab und zu übernehmen.

Im Moment leben Einfach im Moment leben, so wie unsere Kinder, das entschleunigt und gibt neue Ideen und Energie. Es stärkt die Resilienz der Kinder und wird auch eure stärken, wenn ihr euch darauf einlasst. Wir müssen, auch wenn sich das oft so anfühlt, nicht jede Sekunde des Tages mit Tun füllen, es gibt nicht immer noch etwas zu optimieren. Manchmal dürfen wir auch einfach sein. Im Moment. Der Weg von der Arbeit zur Kita oder Schule bietet sich dafür an. Einfach nicht noch nebenbei irgendwas erledigen. Steigt eine Station vor der eigentlichen Haltestelle aus, parkt das Auto so, dass ihr zum Abholort ein wenig laufen müsst. Und dann lauft los, ohne Hast (ist als Eltern nicht immer einfach, das wissen wir alle) und seid einfach in dem Moment, in der Vorfreude auf euer Kind. Versucht für wenige Minuten nicht daran zu denken, was alles noch auf eurer To-Do-Liste steht. Diese kurze Zeitspanne, die gehört nur euch. Atmet durch. Genießt das.

2. Prioritäten haben, denn Achtsamkeit bedeutet, einen Fokus zu setzen

Die schon angesprochenen To-Do-Listen sind oft nur eine Aneinanderreihung von Dingen, die erledigt werden müssen. Aber eine Priorität haben sie nicht, alles scheint immer gleich wichtig zu sein. Unsere Kinder sind in ihren Prioritäten viel klarer. Als Babys wird durch Weinen signalisiert, ob sie Hunger haben, Nähe oder eine frische Windel brauchen. Eines dieser Bedürfnisse hat eine klare Priorität und es liegt an uns, diese zu erkennen, weil unser Nachwuchs das noch nicht verbal vermitteln kann. Aber die Priorität ist ganz klar da. Später heißt es dann: "Pileplatz, etz" und wir gehen mit ihnen raus. Neben den Grundbedürfnissen können Kinder sehr gut einschätzen, was ihnen in welcher Situation wichtig ist. Sie kennen, anders als wir, kein Nebenher von Bedürfnissen. Es ist für sie nicht alles gleich wichtig, ein Wunsch ist immer der drängenste.

Achtsamkeit bedeutet Fokus setzen Und das sollten wir für unseren Alltag auch übernehmen. Es sind nicht alle Aufgaben gleich wichtig und wir können sie sowieso immer nur nacheinander abarbeiten. Nehmt den Druck raus und fokussiert euch auf die eine Angelegenheit. Vielleicht stellt ihr auch fest, dass gar nicht alles in eurem Leben eine Herausforderung ist, die ihr meistern müsst. Manches sind einfach nur (lästige) Aufgaben, die abgearbeitet werden müssen. Andere Dinge erledigen sich auch ganz von alleine. Und wenn dem so ist, dann haben wir mehr Zeit unser Leben mit den Momenten zu füllen, auf die es wirklich ankommt. Manchmal kann das ein Besuch auf dem Spielplatz sein.

3. Fragen stellen, denn auch durch sie könnt ihr mehr Achtsamkeit erlangen

Warum ist Schnee kalt? Wieso hebt der Hund sein Bein? Wie funktioniert ein Telefon? Kinder haben unfassbar viele Fragen. Das kann uns Eltern manchmal an den Rand der Verzweiflung bringen, weil wir ja auch nicht alle Antworten kennen. Aber es kann uns auch als Vorbild dienen, selbst immer neugierig zu bleiben. Denn die Lust daran, Neues zu lernen, die hat viel mit Achtsamkeit zu tun. Um Fragen zu stellen, muss man den Kopf frei haben, müssen die Gedanken die Möglichkeit haben, zu wandern. Es hat viel mit Muße zu tun, wenn wir uns wieder Fragen stellen.

Mit Fragen zu mehr Achtsamkeit Auf die meisten gibt es oft keine einfache Antwort, aber so, wie ihr mit euren Kindern darüber philosophieren könnt, was nach dem Tod passiert, so könnt ihr auch immer wieder darüber nachdenken, was ihr von eurem Leben wollt. Es ist eures, ihr habt es in der Hand und dürft es jeden Tag neu gestalten. Dafür müsst ihr offen sein und nicht immer an die Zwänge denken, die euch in bestehenden Situationen halten. Wenn wir uns erlauben, mit Zeit und Muße Fragen zu stellen, dann öffnen sich immer wieder auch neue Wege und Ideen nehmen Gestalt an.

4. Zeit nehmen um gelassener zu werden

Klingt ein bisschen paradox, erst sollt ihr die Zeit vergessen und dann sollt ihr sie euch plötzlich nehmen und darauf achten. Aber beides ist wichtig. Zeit nehmen kann euch dabei helfen, gelassener zu werden. Wir Eltern kennen doch alle diese Situationen, in der wir am liebsten aus der Haut fahren würden. Weil Alles zu viel ist, nichts klappt wie geplant und wir einfach keine Geduld mehr haben. Im schlimmsten Fall explodieren wir dann, motzen die Kinder oder unseren Partnerin an und die Stimmung ist für alle im Keller. Ein Tipp aus der Achtsamkeitslehre ist, sich Zeit zu nehmen, bis zu einer beliebigen Zahl zu zählen und dabei tief ein und auszuatmen. Das klingt in der Theorie so gut, aber in der Praxis atmen wohl fast alle Eltern angestrengt durch die zusammengebissenen Zähne und werden kein Stück lockerer. Die Wut ist einfach weiterhin da.

5. Stress verhindert Achtsamkeit

Ein Tipp der helfen kann: Denkt an eure Kinder, die sich oft minutenlang nicht entscheiden können, was sie wollen. Nervt auch manchmal, aber sie zeigen euch damit, dass es ok ist, sich Zeit zu nehmen. Auch hier können wir viel von unseren Kindern lernen. Kaum eine Entscheidung muss sofort getroffen werden. Es ist vollkommen okay, sich Zeit zu lassen und erst dann zu reden, wenn eure Wut verraucht ist. Und wenn ihr merkt, ihr begebt euch in eine hitzige Debatte, dann ist es vollkommen in Ordnung zu sagen, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür ist. So, wie eure Kinder sich Zeit nehmen um zu entscheiden, ob Schoko- oder Erdbeereis in die Waffel kommt, so dürft ihr entscheiden, ob ihr gerade in der Verfassung für Streit, Gemotze oder Gemecker seid. Mit weniger Stress könnt ihr euch als Familie wieder liebevoller begegnen.

6. Einfach akzeptieren, denn Akzeptanz ist der Schlüssel

Akzeptanz ist natürlich der Königsweg in der Achtsamkeit. Und ganz oft so schwer zu erreichen. Situationen annehmen wie sie sind, hinnehmen, dass wir nichts ändern können, das fällt uns Eltern oft schwer. Unseren Kindern geht es da nicht anders, das ist die eine Sache, die wir in Bezug auf Achtsamkeit teilen. Hier können wir unseren Kinder durch Vorleben helfen zu einem harmonischeren Familienleben beizutragen. Akzeptanz bedeutet übrigens nicht, dass wir lächelnd alles ertragen. Aber es heißt, dass wir manche Verhaltensweisen bei uns und andere als das nehmen, was sie sind, Ausdrücke individueller Persönlichkeit.

Akzeptanz ist der Schlüssel zu Achtsamkeit Das gelingt nicht immer, es fällt oft unglaublich schwer einzusehen, dass manche Sachen in diesem Moment nicht geändert werden können. Aber für alle, die an sich arbeiten wollen, um gelassener zu werden, ist Akzeptanz der Schlüssel. Es ist nämlich ok auch mal wütend zu sein und Gefühle rauszulassen. Wir sollten großzügiger mit uns sein und uns selbst so wertschätzen, wie wir sind. Nicht perfekt, aber immer bemüht. Und welches Kind braucht schon makellose Eltern, wenn es dafür authentische haben kann?

Meine Meinung

Ich finde Achtsamkeit ein spannendes Lebensthema, nicht erst seit es Mode geworden ist, sich damit zu beschäftigen. Ich mache seit vielen Jahren Yoga (und hab den perfekten Flow für mich noch immer nicht gefunden), ich meditiere gemeinsam mit meinen Kindern. Und ich merke, wie gut das gemeinsame Runterkommen uns tut. Meine Kinder fragen tatsächlich regelmäßig nach, machen es sich auf MEINEM Meditationskissen bequem und gehen auf Traumreise. Bin ich deswegen gelassener im Alltag? Kommt auf die Situation an. Habe ich Stress, motze ich natürlich auch. Ist alles im Flow kann ich über vieles hinwegsehen und unser Familienalltag ist tatsächlich sehr entspannt. Aber seien wir ehrlich, das ist die Ausnahme, nicht die Regel.

Bild: Ketut Subiyanto auf Pexels

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