Die Unsichtbaren: Sieh der Straße ins Gesicht
Rund 335.000 Menschen leben derzeit in Deutschland auf der Straße. Menschen, die wir oft nicht einmal sehen und deren Geschichten viel zu selten gehört werden.
von Anna Rosenbaum und Alexandra Gojowy
Wohnungslose Menschen haben viele Geschichten, aber keine gemeinsame Stimme, die in der Öffentlichkeit Gehör findet. Gerade in Großstädten wie Berlin, in denen Obdachlosigkeit allgegenwärtig ist, werden sie zu unsichtbaren Randerscheinungen, die wir im Alltag kaum mehr wahrnehmen. Eben deshalb versuchen verschiedene Organisationen, Aufklärungsarbeit zu leisten und der Straße ein Gesicht zu geben.
Und jeder von uns kann etwas tun. Mit verschiedenen Formen des Engagements und mit einem achtsameren Blick für die Straße. Denn Achtsamkeit bedeutet vor allem, die Welt bewusster wahrzunehmen. Auch und gerade dann, wenn es unbequem wird.
Auf den Straßen von Berlin
Ein großartiges Projekt, das den Menschen auf der Straße ein Gesicht und eine Stimme gibt, ist (link: https://www.youtube.com/channel/UCeqm4FnNguwzNhaMhtNn5Rg text: Streets of Berlin). In Video-Interviews, die Gründer Omid Mirnour über die Social Media-Kanäle teilt, können Wohnungslose über ihre Wünsche, Ängste und Gedanken sprechen. Ziel von Streets of Berlin ist es, Vorurteile aufzubrechen und Verständnis zu wecken. Denn gerade in Berlin sind viele Menschen den täglichen Anblick von Obdachlosen gewöhnt, ohne das sie jemals mit einer betroffenen Person gesprochen hätten.
Mit dem Projekt schenkt Mirnour den Menschen etwas, wonach sich jeder sehnt: Aufmerksamkeit und Zuwendung. Einige der Interviewten wünschen sich nur ein paar Minuten Mitgefühl, andere offenbaren ihre Sehnsucht nach einer Normalität, die wir für selbstverständlich halten – Leben in einem geschützten Raum. Als Nonprofit-Organisation nimmt Streets of Berlin gerne Unterstützung verschiedenster Form an. Wer sich für das Projekt engagieren will, kann sich über Facebook oder per E-Mail an [email protected] mit dem Team in Verbindung setzen.
Wer als Besucher nach Berlin kommt – oder die eigene Stadt einmal mit neuen Augen sehen möchte – erlebt mit “Querstadtein” eine Stadtführung der ganz besonderen Art. Bei (link: http://querstadtein.org/de/ text: Querstadtein) lassen sich Stadtführungen buchen, die von Obdachlosen geleitet werden und ihre Geschichten hautnah erleben. Querstadtein ist damit ein wichtiges Bindeglied zwischen allen Menschen, die täglich auf den Straßen Berlins unterwegs sind. Die Touren zeigen euch garantiert noch etwas Neues, auch den Urberlinern!
Hilfen für Obdachlose in ganz Deutschland
Buchautor Peter Rösch hat die Stimmen der Straße in einem Buch gesammelt. “Die Leute vom Straßenrand“ erzählt von außergewöhnlichen Lebensgeschichten und einer Menge schicksalsträchtiger Begegnungen mit Menschen in ganz Deutschland. Dabei wird schnell klar: Obdachlosigkeit ist kein lokales Problem.
Doch jeder von uns kann seinen kleinen Beitrag leisten, um Wohnungslosen zu helfen. Natürlich kann nicht jeder eine Kamera nehmen und ein Video-Projekt starten, aber es kann schon reichen, die alltäglichen Wege durch die eigene Stadt etwas achtsamer zu gehen. Auch ein netter Blick, ein freundliches Lächeln, ein guter Gedanke oder eine kleine Spende an jemanden, der sonst einfach ignoriert wird, können zu mehr Hoffnung, Mut und Optimismus beitragen.
Zusätzlich kann es helfen, die wichtigsten Anlaufstellen zu kennen – gerade in der kalten Jahreszeit kann das in manchen Fällen sogar Leben retten. Besonders das Frühjahr macht vielen Wohnungslosen zu schaffen, denn wenn die Winterschlafplätze wieder wegfallen, fehlt vielen bereits im März ein Schlafplatz, bei nächtlichen Temperaturen um den Gefrierpunkt.
Doch in fast allen großen Städten gibt es inzwischen einen so genannten Kältebus, dessen Nummer sich ruckzuck im Handy speichern lässt. Wer sich umfassender informieren will, findet auf der Website der (link: https://www.caritas.de/hilfeundberatung/ratgeber/wohnungslosigkeit/lebenaufderstrasse/ueberlebenshilfen-fuer-wohnungslose text: Caritas) einen umfassenden Guide mit Überlebenshilfe für Wohnungslose. Wenn du sogar ein wenig Geld übrig hast, kannst du zum Beispiel beim (link: https://www.drk.de/index.php?id=2367&gclid=CNnIlq6o7NICFYQW0wodFisKqQ text: Deutschen Roten Kreuz) bundesweit Obdachlosen in Not etwas Gutes tun. Von dem gespendeten Geld werden Feldbetten, Schlafsäcke oder mobile Heizer finanziert. Am besten informierst du dich ganz gezielt, was du in deiner Stadt im Rahmen deiner Möglichkeiten tun kannst.
Achtsamkeit für dich und andere
Häufig laufen wir im Autopilot durch den Alltag und nehmen unser Umfeld kaum wahr. Gerade auf bekannten Wegen sind wir oft so in uns selbst versunken, dass wir selten im Alten noch etwas Neues sehen. Doch “Achtsamkeit” für den Moment und das Umfeld lässt sich üben. Mit Achtsamkeitstraining, zum Beispiel Meditation, lernst du, dich ganz auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Nach und nach wird dein Blick so automatisch offener und interessierter. Und auch ohne Meditation lässt sich Achtsamkeit üben. Geh zum Beispiel den routinierte Weg zur Arbeit einmal ganz bewusst und schau hin, wem du begegnest.
Gehst du achtsam durch deinen Tag, so hat auch dein Umfeld etwas davon. Denn du wirst offener für die Bedürfnisse anderer, weniger anfällig für vorschnelle Urteile und eher bereit zuzuhören, hinzuschauen und deinen Beitrag zum Allgemeinwohl zu leisten.
Wohnungslose sind wie wir alle Menschen mit Bedürfnissen und individuellen Lebensgeschichten. Sieh der Straße ins Gesicht! Es gibt viel zu entdecken.
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