Warum wir die langweiligen Lebensphasen mehr feiern sollten

Deine Lebenszeit ist begrenzt – also hol das Beste raus! Warum das nicht bedeutet, ein Abenteuer nach dem anderen zu erleben und wie du die Langeweile feierst, erfährst du hier.

Dein Bruder hat schon zwei Kinder, deine Freundin macht sich selbstständig, der ehemalige Mitschüler startet eine kreative Karriere – jeder scheint sein Leben mit Abenteuern und Herausforderungen zu füllen. Ständig werden wir Zeugen der Geschehnisse, die um uns herum passieren. Hast du das Gefühl, alle führen irgendwie ein besonderes Leben, außer dir?

Was sich ungerecht anfühlen mag, kann uns in Wirklichkeit sogar gut tun. Denn das Leben verläuft in Zyklen: In einem Jahr stellen wir unser ganzes Leben auf den Kopf, im nächsten passiert eben mal nichts. Macht es das schlechter? Nein! Ein langweiliges Leben kann und sollte hin und wieder genauso gefeiert werden.

Das mag gar nicht so leicht sein, denn unsere begrenzte Lebenszeit setzt uns manchmal ganz schön unter Druck, oder? Die Frage, ob man gerade vielleicht etwas verpasst oder nicht "besonders genug" ist, nagt hin und wieder an jedem von uns. Und auch wenn es sich anhört, wie aus dem Tagebuch unseres 15 jährigen Ichs. Bin ich etwas besonderes? Ob in einer frischen Beziehung oder im Job – das Bedürfnis, sich abzuheben ist menschlich. Wir möchten dir zeigen, warum ein langweiliges Leben trotzdem toll sein kann. So genießt du die unaufregenden Phasen des Lebens:

Ein Training, um kleine Dinge wertzuschätzen

Wie geht es dir, wenn du in einer hochbeschäftigten Phase bist? Vielleicht fühlst du dich erschöpft, vielleicht aber auch gut, weil du aufgehst in dem, was du tust. In beiden Fällen gehen die kleinen Freuden unter. Schließlich sind es die Tage, an denen wir entspannt sind, wenn uns plötzlich die Schönheit der Blätter im Wind auffällt oder wir jemand Fremden auf der Straße anlächeln. Die Zeit zu haben, um normale Dinge zu beobachten und wertzuschätzen, könnte man in unserer Gesellschaft schon fast als Privileg bezeichnen – obwohl es das nicht sein sollte. Wenn sich dein Leben gerade besonders langsam entfaltet oder dir repetitiv erscheint, werde dir dem einfach nur bewusst. Und dann beginne dich umzuschauen, nach den kleinen Wundern, die du normalerweise übersehen würdest. Genau jetzt ergibt sich die kostbare Möglichkeit, deine Aufmerksamkeit darauf zu richten, was sonst im Alltag untergeht. Das können auch unangenehme Gefühle sein.

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Die Erfolge anderer feiern

Fühlst du dich gerade eher wie ein Nebendarsteller oder gar Zuschauer im aufregenden Leben anderer? Das ist okay, es geht uns allen hin und wieder so. In solchen Momenten kannst du dich entweder dazu entscheiden, dich klein und unwichtig zu fühlen. Oder du wählst die Perspektive, in der du dankbar bist, überhaupt im Leben anderer eine Rolle zu spielen. Und wenn wir darüber nachdenken, wird klar, dass wir viel mehr von den Erfolgen und Highlights anderer haben, wenn wir sie miterleben dürfen, als wenn sie niemandem passieren würden. Außerdem können wir sie besser feiern, wenn wir eigene Energie haben, um tatsächlich anwesend zu sein. Werde dir deiner Rolle bewusst. Ob als frischgebackener Onkel oder als Brautjungfer – mal die Rolle als Support-Act einzunehmen bedeutet nicht, weniger wichtig zu sein.

Die Superkraft, die niemand mehr besitzt

Ob du es glaubst oder nicht: Langsam leben können viele Menschen nicht mehr. Kaum verliert das Leben etwas an Geschwindigkeit, wird die nächste Herausforderung auf den Teller gepackt. So gehen viele von uns heutzutage vor. Pass bloß auf, dass du dich nicht langweilst oder gar einen Schritt zurück gehst, heißt es. Unsere Lebenszeit ist kostbar und wir sollten so viel wie möglich daraus machen – oder?

Statt durch das Leben zu sprinten, lege doch einen gemütlichen Spaziergang ein. Genieße den Ausblick, lass den Blick schweifen und entdecke, was du sonst übersehen würdest. Das Leben nicht immer herausfordern zu müssen, sondern auch mit dem zufrieden zu sein, was ist, ist eine unglaublich wertvolle und rare Fähigkeit.

Vertraue in die Zukunft

Wenn du das Gefühl hast, dass dein Leben gerade nicht genug hergibt, befindest du dich vermutlich nicht in der Gegenwart. Du machst dir Sorgen, überlegst was nächste Woche oder in einem Jahr passieren kann, damit sich etwas verändert. Dabei ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt, um in die Zukunft zu vertrauen. Vielleicht fällt dir eine Situation deines Lebens ein, in der du dir Sorgen gemacht hast über die Zukunft – und am Ende ist alles nicht so schlimm gekommen? Oft machen wir uns Gedanken, die kaum Daseinsberechtigung haben und uns nahezu verrückt machen. Atme durch und komme im Hier und Jetzt an. Vielleicht merkst du dann: Jetzt, in diesem Moment, ist alles gut.

Erkenne zutiefst, dass dein ganzes Leben sich im gegenwärtigen Moment abspielt. Stelle das Jetzt ins Zentrum deines Lebens. Während du vorher in der Zeit gelebt und dem Jetzt nur kurze Besuche abgestattet hast, verbleibe von nun an im Jetzt und statte der Vergangenheit und Zukunft kurze Besuche ab, wenn das nötig ist, um mit den praktischen Aspekten deiner Lebenssituation umzugehen. – Eckhart Tolle

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Oft hegen wir die Sorge, nicht genug zu sein oder zu wenig zu tun aus einem Gefühl der Abgrenzung heraus. Wir sehen uns als Einzelkämpfer neben anderen Menschen, die andere Leben führen. Aber wie klar können wir unsere Leben voneinander trennen? Die Kausalitäten und Überschneidungen sind nicht zu leugnen. Du beeinflusst das Leben deiner Freunde, deiner Familie und Menschen, denen du begegnest, genauso wie andersherum. Vielleicht sollten wir uns überlegen, wie viel Sinn es ergibt, uns als so getrennte Individuen wahrzunehmen und stattdessen einmal mit mehr Distanz das ganze Zusammenspiel als Leben erkennen.

Am Ende des Tages ist es normal, hin und wieder den Wunsch nach etwas Abenteuer und dem Gefühl, besonders zu sein, zu hegen. Uns dafür zu verurteilen oder es zu verdrängen, macht es nicht besser. Wir alle sind Menschen und haben ein kleines oder größeres Ego, das manchmal gefüttert werden will. Nutze diese Momente, um immer wieder zu lernen, was das Essentielle im Leben ist: Was in dir selbst passiert, statt in dem äußeren Tohuwabohu. Ruhige, routinierte Phasen sind die, in denen wir genau das lernen können. Vorausgesetzt, wir geben uns die Chance, in der Gegenwart zu verweilen.


Bild: Toa Heftiba auf Unsplash

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