Momentaufnahmen: Warum Fotografie mehr Achtsamkeit braucht
Was haben Fotos und Meditation gemeinsam? Mehr als du denkst! Fotografieren schult die Aufmerksamkeit für den Moment – also die Achtsamkeit. So kreierst du deinen "Mindful Moment".
Bild und Text von Mathilde Schmidt-Rhen
Klick, klick, klick – und ehe man sich’s versieht, ist der Speicher schon wieder voll. Meist folgen qualvolle Minuten, in denen man durch die unzähligen Selfies scrollt und den besten Schuss herausfiltert. Filter, Sticker, Emojis, vielleicht noch ein knalliger Schriftzug und schon sind kleine Mängel gekonnt kaschiert. Wer nimmt sich schon Zeit, für ein einzelnes Foto, wenn man ohne viel Aufwand zehn weitere schießen kann? Schätzungen zufolge werden jedes Jahr 1,2 Billionen Fotos gemacht! So entstehen heute in zwei Minuten mehr Fotos, als im gesamten 18. Jahrhundert geschossen wurden.
Es ist nicht lange her, da war Fotografie ein echtes Handwerk. Durch moderne Technik und nicht zuletzt unser Smartphone kann inzwischen jeder kurzerhand zum Fotografen werden. Das Werkzeug dazu haben wir jederzeit in der Tasche. Aber reicht das schon, um wirklich gute Fotos zu schießen? Wir zeigen dir, wie du mit weniger Fotos zur besseren Momentaufnahme gelangst.
Selfie-Kultur damals und heute
Medienwissenschaftler der Universität Marburg haben festgestellt, dass Selfies kein temporärer Hype sind, sondern eine (link: http://www.rp-online.de/digitales/selfie-forscher-selfies-sind-eine-beachtenswerte-kulturelle-praxis-aid-1.5034193 text: “beachtenswerte, kulturelle Praxis”). Das beliebteste Motiv der Kamera ist also deren Besitzer. Und das nicht erst seit heute. Die ersten Selfies wurden bereits im 18. Jahrhundert geschossen und waren eine echte Geduldsprobe. Der Prozess des Fotografierens dauerte anfangs mehrere Stunden (was übrigens auch der Grund ist, warum man auf sehr alten Fotos selten lächelnde Menschen sieht).
Obwohl – oder gerade weil – wir heute unzählige Möglichkeiten haben, Fotos zu schießen und im Handumdrehen zu bearbeiten, hat die Wertschätzung für das einzelne Bild stark abgenommen. Dabei lohnt es sich, einen Schritt zurück zu gehen und die Welt aus den Augen eines Fotografen zu betrachten. So kann sich die Magie des Motivs erst so richtig entfalten. Plötzlich wird das Schlendern durch altbekannte Parks und Straßen zu einem faszinierenden Ereignis und die Topfpflanze zum komplexen Biotop. Wenn du dann deine Kamera rausholst und dich ganz auf eine Sache fokussierst, machst du das Fotografieren nebenbei zur kreativen Achtsamkeitsübung.
Mit Achtsamkeit zu besseren Fotos:
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Wie spiegelt sich das Licht auf dem See? Welchen Effekt hat die Wärme der Abendsonne auf die Szenerie? Was für zauberhafte Nachtbilder lassen sich schießen, wenn man die Verschlusszeit auf 15 Sekunden einstellt und so ganze Geschichten in einem Foto entstehen lässt?
Beschäftigt man sich einmal mit dem Thema, so fallen einem viele Parallelen zur Meditation auf. Beide Praktiken, Fotografie und Achtsamkeitstraining, schärfen Beobachtungsvermögen und helfen so, gleiche Motive, je nach Blickwinkel und Einstellung, unterschiedlich wahrzunehmen. Beide ermuntern einen dazu, neugierig und experimentierfreudig zu sein, die Position auch mal zu wechseln und eine andere Sichtweise einzunehmen. Beides trainiert uns, objektiv und doch einfühlsam zu sein und so die perfekte Balance zu finden. Auf der einen Seite heißt das, die Kamera zu verstehen und je nach Lichtverhältnissen das optimale Gleichgewicht zwischen Blendenöffnung, Verschlusszeit und ISO zu finden. Auch bei der Smartphone-Kamera lassen sich Belichtungswert, Weißabgleich und Farbkontraste manuell anpassen. Auf der anderen Seite geht es um die Balance zwischen Körper, Geist und Gefühlswelt, zwischen Wahrnehmen, Fühlen und Handeln.
Einige Grundregeln der Fotografie lassen sich erlernen, wie zum Beispiel auf die Komposition zu achten, sich an fotografischen Leitlinien zu orientieren und einen Fokuspunkt zu finden. Was dem Bild am Ende jedoch den Ausdruck und seine Einzigartigkeit verleiht, ist die Persönlichkeit des Fotografen. Ob Profi-Kamera oder Smartphone, versuch es doch einmal mit einer kleinen "Knips-Diät" und finde heraus, welches kreative Potenzial in dir steckt.
Mit der Knips-Diät zu besseren Fotos
Fotografieren heute ist nicht mehr das Wechselbad der Gefühle, welches es für den Erfinder der Fotografie Joseph Nicéphore Niépce im Jahr 1826 gewesen sein muss. Nach sieben Stunden geduldiger Belichtung hatte er endlich geschossen und anschließend voller Neugierde und Bangen in der Dunkelkammer verharrt. Trotzdem können wir uns ab und zu in diese Zeit zurückzuversetzen, um uns an das Wesentliche zu erinnern: Momente sind kostbar. Und verdienen unsere Achtsamkeit.
Starte den Selbstversuch und geh auf „Knips-Diät“! Versuche, während der kommenden sieben Tage nur drei Fotos zu schießen. Nicht nur der Handyspeicher wird dabei Erleichterung empfinden, sondern auch die „Duckface-Muskulatur“. Am Ende wird es keinen überquellenden Ordner voll nie wieder gesichteter Schnappschüssen geben. Schieße ganz bewusst nur Fotos, die du selbst gerne ausdrucken, einrahmen, oder in einer Galerie anschauen würdest. Das sensibilisiert dich für die Schönheit der Umwelt und gibt jedem Bild eine besondere Bedeutung. Und wer weiß, vielleicht fühlt es sich ja auch befreiend an, das Handy bei dem nächsten Mittagessen mal in der Tasche zu lassen und den Salat oder Burger ohne Filter zu genießen.
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