Negative Gefühle: So geht ein konstruktiver Umgang

Negative Gefühle halten wichtige Botschaften bereit. Doch wie viel Aufmerksamkeit sollten wir ihnen geben? Hier kommen 5 Ideen für einen konstruktiven Umgang.

Was tun mit negativen Gefühlen?

Egal was wir tun, Gefühle sind immer mit uns dabei. Sie beeinflussen, welche Kaufentscheidungen wir treffen, wie wir mit anderen Menschen umgehen und wie wir unser Leben gestalten. Und auch wenn es sich oft so anfühlt, als wären unsere Emotionen unfehlbar: Die Wahrheit ist, dass wir Gefühle steuern können, ja sogar eine gewisse Verantwortung für den Umgang mit ihnen haben.

Denn auch wenn sie in vielen Situationen eine wichtige Entscheidungshilfe sind – sie können uns auch ganz schön benebeln. Vor allem unangenehme Emotionen können uns zu irrationalen Handlungen verleiten oder ganz die Kraft zum Handeln nehmen. Das hält uns nicht nur davon ab, unser Leben so zu gestalten wie wir es möchten – es kann auch gesundheitliche Folgen haben. Besonders, wenn wir unseren Gefühlen nicht genauer auf den Grund gehen.

Genau das wollen wir also heute tun: Unsere Gefühle verstehen und zuordnen, damit wir gerade in überwältigenden Momenten einen kühlen Kopf bewahren und lösungsorientiert handeln.

Einflussfaktoren unserer Gefühlswelt

Langzeitstudien zeigen, dass wir im Laufe des Lebens emotional stabiler werden. Jedoch gibt es bestimmte Tendenzen, die uns ein Leben lang begleiten: Ob du eher besonnen oder hitzig agierst – also was wir unter dem Temperament eines Menschen verstehen – ändert sich im Erwachsenenalter kaum noch. Der Einfluss unsere Temperaments liegt Forschungen zu Folge zu 30% bis 50% an den Genen. Essentiell für die Entwicklung ist außerdem unsere frühe Kindheit.

Das heißt aber nicht, dass wir unseren emotionalen Tendenzen ausgeliefert sind. Unser Gehirn ist durchaus in der Lage, neue Verbindungen zwischen Nervenzellen zu entwickeln und diese zu stärken, sodass wir unsere “emotionalen Gewohnheiten” verändern.

Um mit unseren Gefühlen umzugehen, sollten wir sie erst einmal besser verstehen. Gefühle sind keine unerklärlichen Wellen, die uns unerwartet in ihre Strömung ziehen. Zumindest müssen sie das nicht sein, wenn du dir bewusst machst: Jede Emotion hat einen Auslöser. Welche Situationen bestimmte Gefühle in dir auslösen, hängt von deinen persönlichen Sicht- und Denkweisen ab. Wenn du deine Gefühlswelt verstehen willst, solltest du also ganz genau hinschauen: Welche Situationen treten unangenehme Gefühle in dir los?

Fordernde Emotionen: Warum wir sie nicht unterschätzen sollten

Schmerz, Trauer und Wut sind nicht unsere Gegner. Im Gegenteil: Sie teilen uns mit, wenn unsere Bedürfnisse nicht erfüllt oder Grenzen überschritten wurden. Diese Botschaften können sehr wertvoll sein. Denn wenn wir ihnen zuhören, wissen wir besser, was uns wichtig ist und können das gezielt kommunizieren.

Wenn wir unsere Gefühle nicht ernst nehmen und stattdessen herunterspielen, mag das wie eine kurzfristige Lösung erscheinen. Doch zum Aufrechterhalten dieser “Maske” brauchen wir Energie. Dabei verstärken sich körperliche Reaktionen, die mit dem Gefühl einhergehen, wie Forschungen zeigen. Schlucken wir unsere Emotionen langfristig herunter, bewirkt das also den gegenteiligen Effekt und kann uns sogar in gesundheitliche Schwierigkeiten bringen.

Gefühle nicht zu verdrängen ist die eine Sache. Doch es gibt auch das andere Extrem, bei dem wir uns komplett von unseren Gefühlen vereinnahmen lassen. Dann können wir nicht mehr klar denken und geraten in eine Negativ-Spirale. Wie also sieht ein konstruktiver Umgang mit unangenehmen Gefühlen aus?

5 Strategien, um Gefühle neu zu bewerten

Wir haben fünf Strategien gesammelt, die dir helfen, eine objektiveren Blick auf deine Gefühle zu werfen. So lässt du deine Gefühle zu, gibst ihnen aber nicht die Macht, dich zu lähmen oder irrational handeln zu lassen.

#1 Benenne deine Gefühle

Schon das Beschreiben deiner Gefühlslage nimmt großen Emotionen die Macht. Wenn wir Gefühle in Worte fassen, hören wir meist selbst, welche Schlussfolgerungen berechtigt sind und an welchen Stellen wir frühere Erfahrungen anwenden, die gar nicht zur aktuellen Situation passen. Meist hilft es, die Gefühle auszusprechen, zum Beispiel einem guten Freund gegenüber oder indem du sie auf Papier bringst.

#2 Achte auf die Formulierung deiner Gedanken

Dieser Tipp geht Hand in Hand mit dem vorherigen. Wenn du deine Gedanken und Gefühle formulierst, achte auf die Art und Weise: Redest du von deinen Empfindungen, als wären es Fakten? Oder gibst du dir den Raum für Hypothesen? Ein Beispiel: “Heute wird bestimmt ein super anstrengender Tag.” Oder: “Ich habe den Gedanken, dass heute ein super anstrengender Tag wird.” Wie fühlen sich die beiden Sätze für dich an? Es geht nicht darum, eine Situation zu beschönigen, sondern darum, Luft für Lösungen zu lassen.

#3 Nimm physischen Abstand ein

Oft sind es hitzige Situationen, in denen wir auf einmal nicht mehr rational denken und handeln können, weil die Gefühle uns überrennen. Kommuniziere ganz transparent, zum Beispiel in einem Streitgespräch: Ich kann gerade nicht mehr klar denken. Können wir das Gespräch wann anders weiterführen? Damit sich dein Gegenüber nicht abgestempelt fühlt, kannst du einen konkreten Zeitraum nennen, in dem du Ruhe brauchst. Wichtig ist, dass du diese Zeit nicht nur zum Runterkommen nutzt, sondern auch deine Gefühle reflektierst und nicht vor ihnen wegläufst.

#4 Gib positiven Gefühlen Raum

Für unsere mentale und körperliche Gesundheit ist es wichtig, dass die Empfindung positiver und negativer Gefühle in gutem Verhältnis stehen. Das heißt wir möchten unangenehme Emotionen nicht verdrängen, gleichzeitig aber Umstände kreieren, die positive Gefühle hervorrufen. Dir regelmäßig Raum zum Entspannen zu geben ist dabei der erste Schritt. Dabei kann die Entspannung natürlich ganz so aussehen, wie es dir gefällt: Ein gutes Buch, Zeit zum Kochen oder eine Massage zum Beispiel.

#5 Komm zurück in deinen Körper

Heftige Gefühle werden oft durch Gedankenspiralen ausgelöst – wir steigern uns mehr und mehr in anstrengende Gedanken hinein. Um auszusteigen, hilft es, uns unserem Körper bewusst zu werden. Je nach Gefühl und Situation kann zum Beispiel eine Atemübung, progressive Muskelentspannung oder eine Runde Auspowern helfen. Durch den gewonnenen Abstand können wir unsere Emotionen dann wieder klarer wahrnehmen.

Das Muster zum konstruktiven Umgang mit herausfordernden Gefühlen wird deutlich: Im ersten Schritt geht es darum, dass du Abstand zu den eigenen Gedanken gewinnst. Dadurch kannst du Gefühle klarer ihren Auslösern zuordnen und mit diesem Wissen verstehen, welche Bedürfnisse gekränkt wurden. Schließlich geht es darum, kritisch zu hinterfragen, ob die erste Intensität des Gefühls angebracht ist und wie eine konstruktive Lösung aussehen kann, die dir bei der Erfüllung des Bedürfnisses hilft.

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Wie Meditation hilft, Abstand zu gewinnen

Mit Achtsamkeit können wir viel einfacher Gedanken mit Abstand betrachten und entsprechend rationalere Schlüsse ziehen. Mittlerweile deuten vielerlei Untersuchungen darauf hin, dass eine regelmäßige Meditationspraxis bei vielen dieser Zwischenschritte hilft.

Hirnstudien zeigen, dass Menschen, die seit langem meditieren, eine höhere Dichte an Nervenzellen im orbitofrontalen Kortex aufweisen: Eine Region, die mit dem Umlernen emotionaler Reaktionen zusammenhängt.

Außerdem waren bei der Untersuchung von Mönchen jene Hirnregionen deutlich aktiver, die in Verbindung mit Mitgefühl stehen. “Sie waren offenbar besser dazu in der Lage, die Emotionen in sich selbst nachzuvollziehen”, sagt Psychologe Ulrich Ott.

Nutze die Kraft von herausfordernden Emotionen

Zuletzt sollten wir nicht vergessen, dass hinter allen starken Emotionen auch eine große Kraft steckt. Eine Kraft, die richtig eingesetzt, zu positiven Veränderungen in deinem und dem Leben anderer führen kann. Genau in dich hinein zu hören und für deine Werte einzustehen ist ein viel aktiveres Lebensgefühl, als wenn du unangenehme Gefühle unter den Teppich kehrst. Und am Ende geht es beim achtsamen Leben doch darum: Dass wir unsere Wahrnehmung schärfen und unser Leben aktiv gestalten.



Wenn du das Bedürfnis hast, mit jemandem über deine Gefühle sprechen zu wollen, findest du hier Hilfe:

Telefonseelsorge
Telefonisch unter 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222
Mail-Beratung, Chat-Beratung, Face-to-Face-Beratung unter https://online.telefonseelsorge.de

Nummer gegen Kummer: Beratung für Kinder, Jugendliche und Eltern
Kinder- und Jugendtelefon: 116111 oder Elterntelefon: 08001110550
Online Beratung: https://www.nummergegenkummer.de

Oder wende dich an eine:n Psychotherapeut:in oder anderes entsprechendes Fachpersonal in deiner näheren Umgebung. Hier kannst du dich dazu informieren und beraten lassen: https://www.psychotherapiesuche.de/



Bild: Karolina Grabowska auf Pexels

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