Reflexion: Wie sich unsere Werte ändern

Werte weisen uns den Weg, wenn wir die Orientierung verlieren. Und doch können sie sich im Laufe des Lebens ändern. Erfahre, was unser Wertesystem beeinflusst.

Ria Schmidt

Reflexion: Kennst du deine persönlichen Werte?

Unsere Werte geben uns eine grundlegende Orientierung und bilden ab, was uns im Leben wichtig ist. Wenn wir in einer schwierigen Situation nicht weiter wissen, hilft es, sich auf unsere Werte zu besinnen – denn sie leiten und unterstützen uns dabei, ein erfülltes Leben zu führen.

Wer sich im Klaren über seine persönlichen Werte ist, lebt nach einem inneren Kompass und kann weniger von Außen manipuliert werden. Das klingt nach einem praktischen Feature, das wir alle schon in uns tragen. Die einzige Frage, die sich stellt: Kennen wir unsere Werte?

In einem Artikel schrieben wir bereits darüber, wie du deine Werte definieren und nach ihnen leben kannst. Auch unsere Kolleg:innen von EinGuterPlan stel­len in ihrem Blog eine tolle Mög­lich­keit zur Reflexion vor, um die eigenen Werte zu finden. Dabei filterst du aus einer langen Liste von A wie Abenteuer bis Z wie Zuverlässigkeit alle Werte heraus, die in dir Resonanz hervorrufen. Dabei geht es nicht darum, die Werte auszusuchen, die wir uns ganz klammheimlich für uns selbst wünschen, sondern wirklich um die, die uns ein gutes Bauchgefühl geben, wenn wir sie lesen.

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Einmal ein Wert, immer ein Wert?

Du hast deine Werte schon vor einiger Zeit für dich definiert? Super, dann weißt du schon viel darüber, was dich im Leben antreibt. Trotzdem lohnt es regelmäßig innezuhalten und in die Reflexion zu gehen: Sind das noch immer die Werte, die zu mir passen? Denn die Vorstellungen, die vor ein paar Jahren dein Verhalten und deine Entscheidungen bestimmt haben, müssen heute nicht mehr aktuell sein. Dahinter steckt eine einfache Tatsache: Wir Menschen befinden uns in einem permanenten Veränderungsprozess. Dem Leben sei Dank! Doch diese Änderungen kommen nicht von heute auf morgen, sondern schleichend und gar still, sodass wir ohne aktive Reflexion vielleicht gar nicht bemerken, wie sich auch unser Wertesystem verändert. Wir haben hier für dich zwei Reflexions-Übungen, die dabei helfen, deine Werte von damals mit heute abzugleichen.

1. Übung: Versuche dich daran zu erinnern, wie dein Leben vor fünf oder auch zehn Jahren aussah: Welche Themen haben dich beschäftigt, welche Menschen waren Teil deines Lebens und wie genau sah ein typischer Tag damals aus? Stellst du Unterschiede zu heute fest, die mit einer Verschiebung deines Wertesystems zusammenhängen können?

2. Übung: Nimm nun deine Erkenntnisse aus der ersten Übung mit oder mache dir nochmal die Werte bewusst, die du zuletzt für dich definiert hast. Dabei ist es nicht schlimm, wenn du dich nicht an alle erinnerst. Gleiche sie nun mit deinem aktuellen Leben ab: Bist du heute im Einklang mit ihnen oder spürst du bei einem Wert einen inneren Widerstand, wenn du ihn dir vor Augen hältst?

Sei achtsam und achte darauf, was sich dir bei diesen Reflexions-Übungen zeigt: Es kann ein spannender Ansatzpunkt sein, um deine Werte neu zu ergründen. Allerdings ist es auch verwirrend, wenn wir feststellen, dass ein Wert nicht mehr so wichtig für uns ist, wie noch vor 5 Jahren. Denn im Grunde ist unser Wertesystem da, um uns in Momenten des Verlorenseins die richtige Richtung zu weisen. Was also, wenn selbst der innere Kompass nicht mehr richtig funktioniert?

Tatsächlich ist es völlig okay und kein Grund zur Sorge, wenn wir bemerken, dass ein paar unserer definierten Werte nicht mehr zu uns passen. Denn diese Veränderung zeigt: Wir reagieren auf das, was uns im Leben begegnet, und entwickeln uns in unserer Persönlichkeit. Du kannst es dir also so vorstellen, als würdest du ab und an deinen inneren Kompass neu nach Norden ausrichten – um so wieder im Einklang mit deinen aktuellen Werten zu leben.

Wer oder was prägt unsere Werte?

Spannend ist es, wenn wir uns genauer ansehen, was oder wer unser Wertesystem im Laufe des Lebens bewegt. Eine Studie zur Wertelandschaft in Deutschland fand heraus, dass wir uns am meisten durch unsere Eltern geprägt fühlen. Doch auch andere nahestehende Bezugspersonen wie Freund:innen, Partner:innen oder das Arbeits- und Studienumfeld beeinflussen, was uns wichtig im Leben ist.

Es überrascht nicht, dass auch Schicksalsschläge oder andere große Veränderungen im Leben einen Einfluss auf unsere Wertvorstellung haben: So können sich in persönlichen Krisen Werte hervortun, die wir noch nicht für uns gesichtet hatten, während andere etwas ins Wanken geraten. Auch der Beginn einer Lebensphase, ein Wohnort- oder Jobwechsel oder andere Umbrüche im Alltag sind besonders spannende Zeitpunkte zur Reflexion, um die eigene Entwicklung und die damit verbundenen Werte neu zu definieren.

Und welche Faktoren haben am wenigstens das Zeug dazu, unsere Werte zu beeinflussen? Ein Blick auf die Schlusslichter zeigt, dass soziale Medien und Personen, denen wir folgen, zwar für ein großes Grundrauschen im Alltag sorgen, sie aber aus Sicht der Befragten nicht die Macht haben, ihr Wertesystem zu erschüttern. Das sahen übrigens die Jugendlichen unter den Befragten genauso wie die Erwachsenen.

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Die Werte, die uns verbinden

Lassen wir den Blick nun etwas weiter werden und zoomen aus unserem direkten Umfeld heraus: Wie sieht es mit den Werten der “Vielen” aus, also der Gesellschaft, in der wir leben?

Die Werte-Studie von 2019 zeigt, was die Individuen in unserer Gemeinschaft am erstrebenswertesten finden: Freunde, Familie und Beziehungen. Das sind übrigens auch die Werte, die über Kulturkreise und Jahrzehnte hinweg weitestgehend stabil bleiben.

Auch Unabhängigkeit und Eigenverantwortung für sich und sein Handeln zu übernehmen, schaffen es unter die Top 5 Werte der Deutschen – gemeinsam mit “Das Leben genießen”, was laut Forschungsteam nicht als reiner Hedonismus zu verstehen ist. Vielmehr vermischen sich hier hedonistische Ideen mit dem Wunsch nach sinnstiftender Arbeit und einem erfüllenden Leben.

Die Forscher:innen sehen in den Ergebnissen einen Trend hin zu einer individualisierten-gemeinschaftsbezogenen Wertewelt, mit einem großen Anteil, der sich an idealistischen Werten orientiert. Das heißt: Die Gemeinschaft gewinnt zwar für uns an Bedeutung, doch soll nicht zulasten unserer Selbstbestimmung und -verwirklichung gehen.

Das Ziel dahinter scheint zu sein, sich dem eigenen sozialen Umfeld zuzuwenden und damit einhergehend ein bewussteres und achtsameres Leben zu führen. Das ist ein Trend, mit dem wir von 7Mind sehr gerne mitgehen!

Verschieben sich Werte in Krisenzeiten?

Wie wir durch die Studie erfahren haben, können einschneidende Erlebnisse im Leben unser Wertesystem in Frage stellen. Doch was macht die aktuellen Krise, die uns alle gemeinsam betrifft, mit den Werten einer ganzen Gesellschaft?

Dieser Frage ist der deutsche Werte-Index in seiner Sonderbefragung zur Corona-Krise nachgegangen. Während Gesundheit schon immer einer der wichtigsten Werte ist, hat sie in der aktuellen Lage nur noch mehr an Bedeutung gewonnen – das gleiche gilt für Familie und Freiheit. Dabei gehe es nicht bloß um die Sehnsucht nach dem alten, grenzenlosen “Normal”, sondern vor allem um den Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben, in dem wir Selbstwirksamkeit erfahren. Gerade in Phasen, in denen wir uns nicht frei bewegen können, sei es den Menschen wichtig, selbst ins Gestalten zu gehen, für sich oder die eigenen Familie. Das verschafft Momente, die uns das Gefühl geben, zumindest etwas unter Kontrolle zu haben.

Prof. Wippermann vom deutschen Werte-Index sieht bei all dem noch eine weitere Entwicklung: “Durch die Pandemie wurde deutlich, dass Menschen, Gesellschaft und Unternehmen ohne Gesundheit nichts machen können. Die zuvor bedeutungsvolle Selbstoptimierung geht nun in Richtung Selfcare. Das heißt authentisch mit dem Körper umgehen und einen Ausgleich zwischen physischer sowie mentaler Gesundheit schaffen. Somit in einer Situation intakt bleiben, wo es gesellschaftlich schwierig ist soziale Nähe zu pflegen.”

Der beschriebene Weg Richtung Selfcare zeigt, dass wir gerade als Gesellschaft gemeinsam lernen, uns gegenüber eine achtsame Haltung einzunehmen und unsere mentale sowie körperliche Gesundheit mehr wertzuschätzen. Denn wenn wir uns selbst freundlich und liebevoll begegnen, können wir uns eine Stütze sein und im Inneren Halt finden, wenn wir nicht auf die gewohnte Unterstützung durch unsere Bezugspersonen setzen können. In unserer 7Mind-App gibt es übrigens dazu einen kostenlosen Kurs für Zeiten in Krise.

Im Einklang mit den Werten – wie geht’s?

Um im Kontakt mit den eigenen Werten zu bleiben braucht es die Bereitschaft, den Blick ehrlich und bewertungsfrei nach innen zu richten: Sind die Werte, die ich einst für mich definiert habe, wirklich noch die, nach denen ich heute lebe? Zu erkennen, dass die Aufs und Abs im Leben auch unser Wertesystem beeinflusst haben, kann uns auf den ersten Blick aufwühlen und gar verunsichern – gerade wenn wir gelernt haben, dass es schlussendlich immer unsere Werte sind, die uns zuverlässig durch das Gewirr an Entscheidungen navigieren.

Und doch lohnt es sich, den Mut aufzubringen, in die Reflexion zu gehen und das eigene Wertesystem zu hinterfragen: Denn nur so können wir der persönlichen Entwicklung, die wir durchlaufen, gerecht werden. Lass uns unsere neuen Werten mit einer freundlichen, offenen Haltung begegnen und achtsam integrieren. Den sie sind es, die uns helfen, ein authentisches, erfüllendes Leben zu führen.

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Die Podcastfolge zum Artikel:

Bild: Dylan Ferreira auf Unsplash

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